Etwa ein Drittel aller Schwangerschaften im Leben von Frauen war nicht auf den Zeitpunkt hin geplant, zu dem sie eintraten. Bei einem Teil dieser Schwangerschaften gab es durchaus einen Wunsch nach Kindern, aber die Schwangerschaft trat früher als gewollt ein, bei anderen wurde kein Kind gewünscht. Obwohl Schwangerschaften zu einem falschen (zu frühen) Zeitpunkt oder ohne einen Kinderwunsch also keineswegs selten sind, liegen bislang für Deutschland kaum aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Hintergründen vor, zum Beispiel zu der Frage, welche Rolle unzureichende Verhütung dabei spielt. Auch über die Gründe, eine ungewollte Schwangerschaft auszutragen oder abzubrechen, ist wenig bekannt.
Ziel der Studie sind Erkenntnisse darüber,
- in welchen Lebensphasen, in welchen Lebenslagen und unter welchen situativen Umständen keine Kinder gewünscht werden,
- was Frauen über "den richtigen Zeitpunkt im Leben für ein Kind" und über die angemessene Familiengröße denken,
- warum trotz der Möglichkeit, sicher zu verhüten, eine Schwangerschaft - entgegen den eigenen Vorstellungen - eintreten konnte und
- wie über das Austragen oder Abbrechen der Schwangerschaft entschieden wurde.
Die Studie frauen leben 3 knüpft an die 1998/99 durchgeführte Studie "frauen leben - Lebensläufe und Familienplanung" an und greift folgende Eckpunkte des Forschungsansatzes auf:
- umfassendes Verständnis von Familienplanung als private Lebensgestaltung,
- Einbezug der Lebenslaufperspektive,
- Sozialräumlicher Ansatz,
- Methodenkombination einer standardisierten Befragung und qualitativer Einzelinterviews.
Zusätzlich werden Beraterinnen aus Familien- und Schwangerschafts(konflikt)beratungsstellen interviewt und forschungsbegleitende Workshops mit Expertinnen und Experten aus den Bereichen Schwangerschaftsberatung und Familienplanung durchgeführt.
Die umfangreich angelegte Studie wurde zunächst in vier ausgewählten Bundesländern durchgeführt, um Daten für die bedarfsgerechte und passgenaue Ausgestaltung der Beratung und Versorgung im Bereich Familienplanung und Sexualaufklärung zu erhalten. Hierfür wurden von 2011 bis 2014 insgesamt 4.002 Frauen mittels eines standardisierten Fragebogens befragt – davon nahmen 97 Frauen zusätzlich an qualitativen Interviews teil.
Die Ergebnisse sind repräsentativ für Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen und Niedersachsen. Die Bundesländer weisen zwar viele übergreifende Gemeinsamkeiten auf, aber auch Unterschiede zum Beispiel bei der Verbreitung nicht ehelicher Schwangerschaften, bei der Gestaltung der Aufgabenteilung in der Familie, bei den Schwangerschaftsabbruchraten oder beim Kinderwunsch. Diese Unterschiede resultieren zum Beispiel aus der spezifischen Zusammensetzung der Bevölkerung, aus regionalen Traditionen sowie aus unterschiedlichen Ausprägungen sozio-ökonomischer Indikatoren wie Armutsquoten oder SGB II-Quoten.