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FORUM 1–2021

Projektskizzen: Evaluation der interprofessionellen Zusammenarbeit in den Frühen Hilfen – die P.A.T.H.-Studie des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen

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Familien in belastenden Lebenslagen mit Unterstützungsangeboten zu erreichen, ist eine der großen Herausforderungen der Frühen Hilfen. Dies kann vor allem dann gelingen, wenn Kinder- und Jugendhilfe und das Gesundheitswesen gut zusammenarbeiten. Dabei spielen Kinderärztinnen und Kinderärzte eine ganz besondere Rolle, denn sie sind in regelmäßigem Kontakt mit Familien mit kleinen Kindern und kennen die Eltern und ihre Kinder gut. Sie merken, wenn Familien Unterstützungsbedarf haben, und können passende Unterstützungsangebote in der Region empfehlen. Außerdem genießen sie ein hohes Vertrauen bei den Familien, sodass ihre Empfehlungen gut angenommen werden. Daher sind Kinderärztinnen und Kinderärzte ganz wichtige Partner der Frühen Hilfen.

Um eine gute Zusammenarbeit zwischen Kinderarztpraxen und Kinder- und Jugendhilfen zu stärken und die Vernetzung in den Frühen Hilfen zu verbessern, wurde in Baden-Württemberg die P.A.T.H.-Intervention (Pediatric Attention to Help) entwickelt. Kern der Intervention sind – als eine Weiterentwicklung der ärztlichen Qualitätszirkel – interprofessionelle Qualitätszirkel (IQZ) und Schulungen. Kinderärztinnen und Kinderärzte werden durch die IQZ und die Schulung dabei unterstützt, psychosozialen Hilfebedarf bei den Familien besser zu erkennen, ihn anzusprechen und die Familien in passgenaue Angebote der Frühen Hilfen zu vermitteln. Die Pädiaterinnen und Pädiater werden dazu zum Beispiel in klinischer Fallfindung und der Technik motivierender Gesprächsführung mit Eltern fortgebildet. Durch die regelmäßige Teilnahme an den IQZ lernen sie regionale Angebote Früher Hilfen kennen und tauschen sich mit Fachkräften anderer Tätigkeitsbereiche, insbesondere der Kinderund Jugendhilfen, über mögliche Hilfsangebote für Familien aus. Die P.A.T.H.-Intervention ist in Baden-Württemberg in der Mehrzahl der Stadt- und Landkreise etabliert. Interprofessionelle Qualitätszirkel gibt es inzwischen aber auch in vielen anderen Bundesländern.

Das Nationale Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) untersucht nun mit einer großen Studie, ob die P.A.T.H.-Intervention wirklich zu einer passgenauen Vermittlung von Familien in die Frühen Hilfen beiträgt. Diese Evaluation wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) finanziert. Studienpartner des NZFH ist das Freiburger Forschungsinstitut SEVERA an der Uniklinik Freiburg.

Im Mittelpunkt der Evaluation steht eine quantitative Befragung von 800 Familien. In enger Zusammenarbeit mit Kinderarztpraxen in Baden-Württemberg und Bayern werden diese Familien über die Studie informiert und für die Befragungen gewonnen. Wenn die Familien sich zur Teilnahme bereit erklären, erhalten sie zu drei Zeitpunkten per E-Mail einen Online-Fragebogen, mit dem sie zu ihrer familiären Situation, ihren Ressourcen und Belastungen sowie zu ihren Kenntnissen und ihrer Nutzung von Angeboten der Frühen Hilfen befragt werden. Um möglichst viele Familien gut zu erreichen, wurde der Fragebogen auch in mehrere Fremdsprachen übersetzt.

Durch einen Vergleich von Familien wird untersucht, ob Kinderärztinnen und Kinderärzte, die an der Intervention teilnehmen, Familien mit psychosozialem Hilfebedarf zu einem höheren Anteil erkennen und sie häufiger über Angebote der Frühen Hilfen informieren und zur Hilfeannahme motivieren können. Daneben soll auch die Kosten-Effektivität der P.A.T.H.-Intervention mithilfe einer ökonomischen Evaluation analysiert werden.

Um die Ergebnisse gut interpretieren zu können, wird die quantitative Befragung durch qualitative Untersuchungen (Telefoninterviews, Beobachtungsstudie) ergänzt. Für die Interviews werden neben den Familien auch Netzwerkpartnerinnen und -partner sowie Kinderärztinnen und Kinderärzte befragt. So kann auch aus deren Perspektive untersucht werden, wie der Nutzen der IQZ von verschiedenen Seiten eingeschätzt wird, ob und wie die Zusammenarbeit zwischen Kinderarztpraxen und der Kinder- und Jugendhilfe funktioniert, wie gut die Intervention Kinderärztinnen und -ärzte bei der Versorgung von Familien unterstützt und wo eventuell noch Verbesserungsbedarf besteht. Mit einer Beobachtungsstudie werden ausgewählte Kinderärztinnen und Kinderärzte der Interventionsgruppe im Hinblick auf die Umsetzung der Intervention während ihrer Sprechstunde beobachtet. Damit soll noch einmal genau analysiert werden, wie sie ihre durch IQZ und Schulung erworbenen Fähigkeiten im Praxisalltag umsetzen.

Durch die Covid-19-Pandemie musste der Start der Studie zunächst verschoben werden, denn für viele Kinderarztpraxen war es schwierig, Familien für die Studie zu gewinnen. Seit Juli 2021 hat nun jedoch die Feldphase begonnen: Die Familien wurden in den Kinderarztpraxen auf die Studie angesprochen und die ersten Fragebögen wurden ausgefüllt. Bis Anfang 2022 wird die Familienbefragung noch andauern und die Beobachtungsstudie umgesetzt. Im Frühjahr 2022 werden dann die qualitativen Interviews durchgeführt und anschließend alle Daten ausgewertet und zusammengeführt. Die Ergebnisse der P.A.T.H.-Studie werden im Sommer 2023 veröffentlicht.

Projektskizze herunterladen

Sie können die Projektskizze als PDF-Datei herunterladen und öffnen.

Veröffentlichungsdatum

Dr. Sabine Horstmann

Kontakt: sabine.horstmann(at)nzfh.de
https://www.fruehehilfen.de/path

 

Alle Angaben zu Links und Autorinnen/Autoren beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.

Herausgebende Institution

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Diese Ausgabe des FORUM stellt Maßnahmen und Projekte vor, die die Qualitätssicherung in den Bereichen Sexualaufklärung und Familienplanung, der Prävention von sexualisierter Gewalt und sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) sowie den Frühen Hilfen gewährleisten.
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