Familienplanung in Niedersachsen
frauen leben 3 - Familienplanung im Lebenslauf von Frauen
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- Forschungsprojekt
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In Niedersachsen wurden im Jahr 2012 mit einer Zufallsstichprobe 1.000 Frauen im Alter von 20- bis 44 Jahren telefonisch mit einem standardisierten Fragebogen befragt. In der Stichprobe sind Kinderlose und Frauen mit einer niedrigen Bildung etwas unterrepräsentiert. 22 Frauen wurden aus den telefonisch Befragten, die jemals eine ungewollte Schwangerschaft ausgetragen oder abgebrochen hatten, ausgewählt. Sie erzählten in einem offenen, qualitativen Interview ihre Lebensgeschichte und speziell die Geschichten ihrer Schwangerschaften mit eigenen Worten.
Einige Eckdaten zu sozialen Merkmalen der Befragten
- Der Anteil an geringfügig bzw. in Teilzeit beschäftigten Frauen ist hoch, nur knapp ein Drittel arbeitet Vollzeit. Unter den geringfügig Beschäftigten befindet sich eine hohe Anzahl an Hausfrauen.
- Das Haushaltsnettoeinkommen ist hoch; zwei Drittel geben ein Haushaltsnettoeinkommen von über 2.000 Euro an. Der Anteil der SGB II-Bezieherinnen ist mit 4,4 Prozent niedrig.
- 40,7 Prozent der Frauen haben Abitur bzw. Hochschulreife und ebenso viele Frauen haben einen Realschulabschluss, 10,9 Prozent erlangten die Fachhochschulreife.
- Der Anteil an evangelischen Frauen ist hoch (55,2 %).
- 17,6 Prozent der Frauen haben einen Migrationshintergrund.
Einstellungen zu Familie und Erwerbstätigkeit
- Frauen in Niedersachsen sind erwerbs- und familienorientiert. Dabei hat die Familie Priorität.
- Frauen mit hoher Bildung sind etwas erwerbs- und egalitätsorientierter.
- Wenn es kleine Kinder zu versorgen gilt, stellt sich die überwiegende Mehrheit der befragten Frauen eine Reduzierung der Berufstätigkeit als optimal vor. Ein "modernisiertes Ernährermodell" wird als Form der Aufgabenteilung von Mann und Frau präferiert (der Mann ist Vollzeit erwerbstätig, die Frau leistet einen Zuverdienst über eine Teilzeitbeschäftigung und ist stärker als der Mann für den Haushalt und – falls Kinder da sind – für Erziehungsfragen zuständig).
Familie im Lebenslauf
- Es gibt in Niedersachsen keine Unterschiede nach Bildung bei der Kinderzahl und Kinderlosigkeit.
- Frauen mit hoher Bildung bekamen ihr erstes Kind später. Gleichzeitig gilt: Je jünger Mütter bei der ersten Geburt waren, desto niedriger ist ihre aktuelle Qualifikation und desto schlechter ist ihre aktuelle finanzielle Situation. Es bleibt dabei offen, ob die niedrige Bildung und das niedrige Einkommen Ursache oder Folge früher Mutterschaft waren.
- Wer verheiratet ist, hat meist auch Kinder; wer Kinder hat, ist meist auch verheiratet.
- Finanziell am besten gestellt sind die verheirateten Frauen (mit und ohne Kinder). Die alleinerziehenden Mütter bewerten ihre finanzielle Situation mehrheitlich als negativ.
Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit in der Partnerschaft
- Fast die Hälfte der Mütter von Kindern unter elf Jahren arbeitet Teilzeit und nahezu ein Drittel ist nicht erwerbstätig, während ihr Partner in der Regel Vollzeit arbeitet.
- Kinderlose Paare sind häufiger egalitär in der Aufteilung der Hausarbeit verglichen mit Partnerschaften mit (kleinen) Kindern. Es gibt dabei keine Unterschiede nach Bildung oder finanzieller Situation der Befragten – ob wohl die Einstellungen in dieser Frage differieren.
Kinderwunsch und Gründe gegen (weitere) Kinder
- Unter den 20- bis 24-jährigen Kinderlosen sprechen sich 1,8 Prozent gegen Kinder aus.
- Die große Mehrheit der Mütter, die bereits zwei oder mehr Kinder haben, und zwei Fünftel der Mütter von einem Kind wollen kein weiteres Kind.
- Hauptgründe für den Aufschub des Kinderwunsches oder eine unentschiedene oder ablehnende Haltung gegenüber (weiteren) Kindern sind bei kinderlosen Frauen vor allem eine fehlende berufliche und finanzielle Konsolidierung, bei Müttern mit einem Kind neben dem Alter eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 15 Stunden oder mehr in der Woche und bei den Müttern mit zwei oder mehr Kindern die abgeschlossene Familienplanung.
Ungewollte Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche
- Etwas mehr als ein Viertel der Befragten war mindestens einmal im Leben unbeabsichtigt schwanger.
- Etwas weniger als jede dritte aller im Leben der Befragten eingetretenen Schwangerschaften war unbeabsichtigt und, darin enthalten, etwas mehr als jede siebte Schwangerschaft war ungewollt eingetreten.
- Mehr als die Hälfte der ungewollten Schwangerschaften wurden ausgetragen.
- Die Wahrscheinlichkeit, ob eine eingetretene Schwangerschaft ungewollt war, ist abhängig vom Alter bei dem Eintritt der Schwangerschaft und von der Lebenssituation.
- Die Schwangerschaftsabbrüche lagen mehrheitlich vor der (möglichen) Geburt des ersten Kindes und bedeuten faktisch den Aufschub der Familiengründung.
- Der wichtigste Grund eine ungewollte Schwangerschaft abzubrechen, ist eine schwierige Partnerschaftssituation.
Verhütung
- Die Pille ist das am häufigsten angewendete Verhütungsmittel, gefolgt von Kondomen und Spirale. Mit zunehmendem Alter der Frauen verliert die Pille an Bedeutung - die Bedeutung von Kondom und Spirale dagegen steigt.
- Der "nicht gedeckte Verhütungsbedarf" (Anteil heterosexuell aktiver Frauen, die keinen Kinderwunsch haben und nicht verhüten) ist mit 4,5 Prozent gering.
- Ein Viertel der Frauen, die aktuell staatliche Unterstützungsleistungen beziehen, hat schon einmal aus Kostengründen auf Pille und Spirale verzichtet. Bei denen, die ihre aktuelle finanzielle Situation als (sehr) gut bezeichnen, sind es nur 3,2 Prozent.
- 13,1 Prozent der Frauen hat schon einmal die "Pille danach" verwendet. Frauen mit hoher Bildung nahmen die Pille danach am häufigsten.
Bilanz im Ländervergleich
Frauen in Niedersachsen sind moderne, kinder- und erwerbsorientierte Frauen. Sie präferieren das Modell der "modernisierten Ernährerfamilie" mit der Kombination eines vollzeiterwerbstätigen Mannes und einer teilzeit- erwerbstätigen Frau, die die Sorge für die Kinder über- nimmt. Sie sind aber – wie Frauen in Baden-Württemberg auch – im Vergleich mit Sachsen als neuem Bundesland und Berlin konservativer. Merkmale dafür sind eine höhere Bedeutung der Eheschließung (weniger Alleinerziehende und nichteheliche Partnerschaften mit Kind) und eine stärkere theoretische Zustimmung zu und praktische Umsetzung einer Arbeitsteilung in der Paarbeziehung. Frauen in Niedersachsen votieren z. B. seltener für eine Vollzeiterwerbstätigkeit von Müttern. Es gibt dabei Bildungsunterschiede: Frauen mit einer hohen Qualifikation haben egalitärere Ansprüche.
Die Praxis der Aufgabenteilung ist sogar noch konservativer als die Einstellungen der Frauen, was die Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit in der Partnerschaft angeht, auch bei Frauen mit hoher Qualifikation.
Frauen in Niedersachsen schieben stärker als Frauen in Sachsen und Berlin die Familiengründung auf. Dies gilt insbesondere für hochqualifizierte Frauen. Frauen, die jung ein Kind bekommen oder ein Kind allein erziehen, erfahren Nachteile. Die Studie zeigt einen niedrigeren Anteil an ungewollten Schwangerschaften. Die Schwangerschaftsabbrüche lagen häufiger als in Berlin und v. a. in Sachsen – aber ähnlich wie in Baden-Württemberg – vor der (möglichen) Geburt des ersten Kindes und dienten faktisch dem Aufschub der Familiengründung. Der wichtigste Grund eine ungewollte Schwangerschaft abzubrechen, war eine schwierige Partnerschaftssituation.
Im Verhütungsverhalten gibt es keine wesentlichen Länderbesonderheiten.
Quelle
BZgA, Datensatz „frauen leben 3“, 2012, 20- bis 44-jährige Frauen in Niedersachsen