Sexualisierte Gewalt in der Jugendphase − ein Vergleich dreier repräsentativer Studien
Der vorliegende Beitrag fasst zentrale Befunde dreier repräsentativer Studien zusammen, die unter dem Namen »Speak!« zwischen 2016 und 2021 in Hessen von den Universitäten Gießen und Marburg durchgeführt und vom hessischen Kultusministerium finanziell gefördert wurden.
Bei den Studien handelt es sich um Befragungen an Regel-, Förder- sowie Beruflichen Schulen. Befragt wurden Schülerinnen und Schüler klassenweise mittels standardisierter Fragebögen. Die erste Studie wurde 2016/2017 in den Jahrgangsstufen 9 und 10 an allen allgemeinbildenden Schulen in Hessen (ohne Förderschulen) durchgeführt. Insgesamt nahmen (ungewichtet) 2.718 Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren an dieser ersten Befragung teil (Maschke & Stecher, 2018). Die erste Erweiterungsstudie – »Speak! Förderschulen« – fand 2017/2018 in verschiedenen Förderschulen in Hessen statt. Einbezogen wurden hier insgesamt 248 Jugendliche der Förderschwerpunkte (FSP) Lernen (n = 153; 62 %), Hören und Sehen (n = 50; 20 %), Sprachheilförderung und emotionale/soziale Entwicklung (n = 45; 18 %). Die meisten Befragten sind, wie in der Erhebung an den Regelschulen, mehrheitlich zwischen 14 und 16 Jahre alt. Die dritte Studie an den Beruflichen Schulen wurde 2020 im selben Design wie die beiden Vorgängerstudien in Hessen durchgeführt. Insgesamt nahmen hier 1.118 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter (mehrheitlich) zwischen 16 und 19 Jahre teil. Insgesamt beteiligten sich damit knapp 4.100 Befragte aus 109 Schulen an den Studien.1
Prävalenzen sexualisierter Gewalt
Zur Erhebung der Prävalenzen von Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt wurde in allen drei »Speak!«- Studien ein Instrument eingesetzt, das – teils aus verschiedenen Studien übernommen bzw. adaptiert (Averdijk, Müller-Johnson & Eisner, 2012), teils neu entwickelt – zwischen verschiedenen nicht-körperlichen und körperlichen Erfahrungsformen unterscheidet.
Die Fragen hinsichtlich nicht-körperlicher Erfahrungsformen erfassen drei unterschiedliche Erfahrungsbereiche: verbale und/oder schriftliche Erfahrungen (z. B. »Jemand hat über mich sexuelle Kommentare, Beleidigungen, Witze oder Gesten gemacht«), Viktimisierung im Internet (z. B. »Ich wurde im Internet – auf Facebook, Instagram, Snapchat usw. – sexuell angemacht oder belästigt«) und Konfrontationen mit sexuellen Handlungen (z. B. »Jemand hat mich dazu gebracht, sein/ihr Geschlechtsteil anzusehen, obwohl ich das nicht wollte« – Exhibitionismus). Die Fragen nach den Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt beziehen sich auf die gesamte bisherige Lebensspanne der Jugendlichen, bilden also die Lebenszeitprävalenz ab.
Tabelle 1 zeigt, dass in etwa jeweils die Hälfte der befragten 14- bis 16-Jährigen an Regelschulen sowie an Förderschulen mindestens eine Form nicht-körperlicher sexualisierter Gewalt erlebt hat, bei Ersteren sind es 48 %, bei Letzteren 52 %. Deutlich höher liegt die Prävalenzrate bei den 16- bis 19-Jährigen an Beruflichen Schulen: Hier liegt sie bei 66 % bzw. zwei Dritteln. Dabei gilt allgemein, dass diejenigen, die berichten, Formen nicht-körperlicher sexualisierter Gewalt erlebt zu haben, mehrheitlich angeben, bereits mehrere Formen und diese auch wiederholt erlebt zu haben.
Tabelle 1 zeigt darüber hinaus, geltend für alle drei Studien, dass weibliche Jugendliche signifikant häufiger von nicht-körperlichen Formen sexualisierter Gewalt betroffen sind als männliche Gleichaltrige. Die Differenzen betragen zwischen 15 (bei den Jugendlichen an Regelschulen) und 24 Prozentpunkten (bei den älteren Jugendlichen an Beruflichen Schulen).
Hinsichtlich körperlicher Erfahrungsformen unterscheidet der Fragebogen zwischen drei verschiedenen Erfahrungsbereichen: sexualisierte Gewalt mit indirektem Körperkontakt (z. B. »Mich hat jemand dazu gedrängt oder gezwungen, mich auszuziehen [ganz nackt oder teilweise]«), mit direktem Körperkontakt (z. B. »Mich hat jemand gegen meinen Willen in sexueller Form am Körper berührt [»angetatscht«, z. B. Po oder Brust]«) und mit Penetration(sversuch) (»Jemand hat versucht, mich zum Geschlechtsverkehr zu drängen oder zu zwingen [es ist aber nicht zum Geschlechtsverkehr gekommen]« und »Jemand hat versucht, mich zum Geschlechtsverkehr zu drängen oder zu zwingen [es ist zum Geschlechtsverkehr gekommen]«).
Die Prävalenzraten für Formen körperlicher sexualisierter Gewalt liegen niedriger als im Bereich nicht-körperlicher Formen (siehe Tabelle 2). 23 % der befragten Jugendlichen an Regelschulen geben an, bereits mindestens einmal eine solche Erfahrung gemacht zu haben. Bei den Gleichaltrigen, die Förderschulen besuchen, liegt die Quote bei 30 %, bei den älteren Jugendlichen an beruflichen Schulen bei 41 %.
Auch im Bereich der körperlichen Formen sexualisierter Gewalt gilt der Befund, den wir oben berichteten, dass weibliche Jugendliche deutlich stärker betroffen sind als männliche. Die Differenzen in den Prävalenzraten fallen hier noch höher aus, sie liegen zwischen 25 (bei den Jugendlichen an Regelschulen) und 44 Prozentpunkten (bei den älteren Jugendlichen an Beruflichen Schulen). Zudem ist auch für den Bereich der körperlichen sexualisierten Gewalt festzuhalten, dass die davon Betroffenen mehrheitlich angeben, bereits mehrere Formen und diese auch wiederholt erlebt zu haben.
In den Studien wurden die Jugendlichen nicht nur gefragt, ob sie selbst sexualisierte Gewalt erlebt haben, sondern auch, ob sie solche Dinge schon einmal beobachtet hätten. Ohne dies im Detail an dieser Stelle ausführen zu können, zeigt sich, dass die weit überwiegende Mehrheit der Jugendlichen bereits Handlungen beobachtet hat, die sich dem Bereich der sexualisierten Gewalt zuordnen lassen. 70 % der 14- bis 16-Jährigen an Regelschulen, 58 % der Gleichaltrigen an Förderschulen und 78 % der 16- bis 19-Jährigen an Beruflichen Schulen geben an, mindestens eine Form nicht-körperlicher oder körperlicher sexualisierter Gewalt beobachtet zu haben. Häufig handelt es sich um verbale und/oder schriftliche Formen (also nicht-körperliche Formen) sexualisierter Gewalt; 34 % der Jugendlichen an Regelschulen, 23 % der Jugendlichen an Förderschulen und 48 % der Jugendlichen an Beruflichen Schulen geben jedoch auch an, beobachtet zu haben, dass eine andere Person gegen deren Willen in sexueller Form am Körper berührt worden ist (z. B. »angetatscht« an Po oder Brust). Zu bedenken ist, dass die Items zum versuchten/vollzogenen erzwungenen Geschlechtsverkehr hier nicht aufgenommen wurden, um u. a. etwaige Schuldgefühle (Stichwort: unterlassene Hilfeleistung) bei den Beobachtenden zu vermeiden. Die Jugendlichen an den Regelschulen und an den Beruflichen Schulen wurden darüber hinaus gefragt, ob sie schon einmal von sexualisierter Gewalt gehört haben.37 % der jüngeren Jugendlichen an den Regelschulen und 56 % der älteren Jugendlichen an Beruflichen Schulen bejahen dies. Unsere Studien zeigen, dass solche Erfahrungen vom Hörensagen die Betroffenen teils stark belasten, da es sich in den meisten Fällen um Bekannte und Freundinnen oder Freunde aus dem persönlichen Umfeld handelt, denen das Erzählte widerfahren ist.
Wo findet sexualisierte Gewalt statt?
Wo bzw. in welchem Kontext findet sexualisierte Gewalt statt? Aus einer Liste von insgesamt 34 vorgegebenen Orten (eine zusätzliche Option bestand darin, auch nicht in der Liste enthaltene Orte handschriftlich einzutragen) konnten die Befragten bis zu sechs Orte auswählen (Mehrfachantworten) und damit angeben, wo sie nicht-körperliche bzw. körperliche sexualisierte Gewalt erlebt haben. Damit wird es möglich, aus der Perspektive Jugendlicher zu erfassen, welche Kontexte und Orte besonders risikoreich sind. Die folgenden Anteilsangaben beziehen sich auf die Zahl der Fälle (Betroffene) und nicht auf die Zahl der genannten Orte (Nennungen).
Betrachten wir zunächst den nicht-körperlichen Bereich sexualisierter Gewalt (siehe Tabelle 3). Von den Jugendlichen an Regelschulen, die nicht-körperliche sexualisierte Gewalt erlebt haben, geben die meisten die Schule als Ort an (51 % der Betroffenen geben dies an; innerhalb der Schule sind insbesondere das Klassenzimmer und der Pausenhof risikoreiche Orte). Risikoreiche Orte bzw. Tatkontexte sind zudem das Internet (44 % der betroffenen Jugendlichen an Regelschulen haben dort nicht-körperliche Formen sexualisierter Gewalt erlebt) und der öffentliche Raum (41 %). Darauf folgen mit 22 % die Party bzw. eine andere Wohnung und mit 15 % das eigene Zuhause.
»Ich habe ständige Angst, belästigt zu werden. Immer wenn es dunkel ist und ich alleine bin. Am schlimmsten ist es vor und nach Partys.«
O-Ton »Speak!«
Bei den Jugendlichen, die Förderschulen oder Berufliche Schulen besuchen, ist das Profil der Risikoorte sehr ähnlich. Auffällig ist jedoch, dass die »andere Wohnung/Party« deutlich häufiger von den Betroffenen aus der Studie an den Beruflichen Schulen als Tatkontext genannt wird – und damit offensichtlich einen spezifischen Risikoort für die älteren Jugendlichen darstellt. Dies könnte u. a. auf ihre höhere Mobilität zurückzuführen sein.
Mit Blick auf das Erleben körperlicher sexualisierter Gewalt sieht die Reihenfolge der risikoreichen Tatkontexte anders aus. Hier treten vornehmlich der öffentliche Raum (Straße, Bahnhof, Plätze etc.) sowie bei den Jugendlichen an Regelschulen und an Beruflichen Schulen die »andere Wohnung/Party« als riskante Orte hervor. Deutlich weniger betroffene Jugendliche verorten demgegenüber ihre Erfahrungen körperlicher sexualisierter Gewalt in der Schule, im Internet oder im eigenen Zuhause.
Wir sehen, dass das Risiko, sexualisierte Gewalt zu erleben, vor allem an den Orten/in den Kontexten ausgeprägt ist, wo Jugendliche mit Altersgleichen zusammentreffen: in der Schule, die eine soziale
Arena darstellt, im eher privaten Bereich der »anderen Wohnung« oder der Party sowie im öffentlichen Raum, der einen Großteil des sozialen Lebens Jugendlicher, von der Straße über das Kino bis hin zum öffentlichen Platz, umfasst. (Ohne den folgenden Ergebnissen vorgreifen zu wollen, zeigen unsere Analysen, dass es an diesen Orten vor allem die Gleichaltrigen sind, die als Täter und Täterinnen in Erscheinung treten.)
6 % der von sexualisierter Gewalt Betroffenen geben Orte aus dem betrieblichen Zusammenhang als Tatorte bzw. Tatkontexte an. Betrachten wir hier nur die Betroffenen, die in betrieblicher (dualer) Ausbildung sind (ohne Abbildung), steigt diese Quote auf 9 % bezogen auf nicht-körperliche Erfahrungen und auf 8 % bezogen auf körperliche Erfahrungen.
»Das Begrabschen, also Anfassen an Po oder Brust, genauso wie das ungewollte Küssen, [ist] auf Festen wie Kirmes fast schon normal geworden.«
O-Ton »Speak!«
Wer sind die Täter und Täterinnen?
Aus einer Liste von insgesamt 39 vorgegebenen Personen bzw. Personengruppen – es wurde jeweils die männliche und weibliche Form gelistet (z. B. Partner oder Partnerin etc.) – konnten die Betroffenen mit Blick auf nicht-körperliche sexualisierte Gewalt bis zu sechs und mit Blick auf körperliche sexualisierte Gewalt bis zu vier Täter- bzw. Täterinnen(gruppen) auswählen (Mehrfachantworten). Eine zusätzliche Option bestand darin, nicht in der Liste enthaltene Personen handschriftlich einzutragen.
Die Rangliste bei nicht-körperlichen Formen sexualisierter Gewalt wird in allen drei Studien angeführt von der männlichen fremden bzw. unbekannten Person: Von den betroffenen (jüngeren) Befragten an Regelschulen sind es 41 %, die diese Täterkategorie angeben, bei den betroffenen Jugendlichen an Förderschulen sind es 39 % und bei den betroffenen (älteren) Jugendlichen an den Beruflichen Schulen sind es 52 %, die diese Tätergruppe nennen. Die weibliche unbekannte Person wurde demgegenüber von 7 % bzw. 8 % der jüngeren Betroffenen an Regel- und Förderschulen und von 14 % der älteren Betroffenen an Beruflichen Schulen genannt und damit deutlich seltener angeführt. Mit Abstand zur männlichen fremden/unbekannten Person folgen in der Rangreihe der Täter und Täterinnen der Mitschüler (in der Studie an den Regelschulen von 35 % der Betroffenen angegeben), der Freund (28 %) und der Bekannte (16 %). Diese vier männlichen Tätergruppen dominieren in allen drei Studien – mit etwas unterschiedlichen Anteilen. Mit größerem Abstand dazu folgen Partner und Ex-Partner. Die weiblichen Pendants dazu werden jeweils deutlich seltener genannt. Männliche Familienangehörige werden in den drei Studien zu fast identischen Anteilen – zwischen 5 % und 6 % der Betroffenen geben diese Gruppe an – als Täter angeführt.
Die Täter und Täterinnen im Bereich der körperlichen sexualisierten Gewalt teilen sich wie folgt auf: An erster Stelle stehen auch hier die männlichen unbekannten Personen. Sie werden von den Jugendlichen, die körperliche sexualisierte Gewalt erlebt haben, zu je 32 % (Regelschulen und Förderschulen) und 38 % (Berufliche Schulen) als Täter bezeichnet. Nach der männlichen unbekannten Person liegen auch bei körperlicher sexualisierter Gewalt der Freund, der Mitschüler und der Bekannte auf den darauffolgenden Rangplätzen. Hinzu kommt der Ex-Partner; dieser wird von 10 % bis 15 % der Betroffenen als Täter angegeben. Von den von körperlicher sexualisierter Gewalt betroffenen Jugendlichen an Beruflichen Schulen geben 4 % männliche Personen aus betrieblichen Zusammenhängen an (0,3 % weibliche Personen). Betrachten wir hier nur die Betroffenen, die in betrieblicher (dualer) Ausbildung sind, steigen diese Quoten auf 9 % bzw. 0,5 % (ohne Abbildung).
Neben dem zentralen Befund, dass als Täter bzw. Täterinnen hauptsächlich männliche Personen genannt werden, deutlich seltener weibliche, zeigen die Befunde der »Speak!«-Studien (ohne Abbildung), dass trotz der recht hohen Werte, die auf die unbekannte männliche Person fallen, die allermeisten der Täter und Täterinnen den Betroffenen bekannt sind und aus dem näheren Umfeld stammen wie Mitschüler, Mitschülerinnen und Bekannte, Erwachsene aus institutionellen oder betrieblichen Zusammenhängen, Freunde, Ex-Partner und -Partnerinnen oder Familienangehörige.
Partner, Ex-Partner und Bekannte ergeben zusammengenommen, vor allem für die älteren Jugendlichen (Berufliche Schulen) und in Bezug auf körperliche sexualisierte Gewalt, einen spezifischen risikoreichen Tatkontext rund um Beziehung und männliche Bekanntschaft.
Schluss
Wir konnten in diesem Kurzbeitrag nur einige zentrale Befunde der »Speak!«-Studien skizzieren. Ausführlicher haben wir die Ergebnisse in unseren Buchpublikationen (siehe Literaturliste) vorgestellt. Festzuhalten bleibt mit Blick auf den hier dargestellten Ausschnitt der Befunde, dass die Mehrheit der Heranwachsenden sexualisierte Gewalt kennt, sei es aus eigener Erfahrung, sei es, dass sie diese beobachtet oder im engen sozialen Umfeld von ihr gehört hat. Dabei ist als ein Hauptbefund hervorzuheben, dass weibliche Heranwachsende einem signifikant höheren Risiko ausgesetzt sind als männliche. Blicken wir auf die Seite der Täter und Täterinnen, so ist ebenso offensichtlich, dass es sich weit überwiegend um männliche Täter handelt und die Täter bzw. Täterinnen den Betroffenen im Allgemeinen bekannt sind. Es ergibt sich also ein Gesamtbild von einerseits ausgeprägter weiblicher Betroffenheit von sexualisierter Gewalt und andererseits ausgeprägter männlicher Täterschaft.
Die Analysen zu den Tätern und Täterinnen ergeben darüber hinaus, dass es sich mehrheitlich um in etwa Gleichaltrige handelt, von denen sexualisierte Gewalt, sei sie nicht-körperlich oder körperlich, ausgeht. Alles in allem kann die Jugendphase damit als eine hochriskante Lebensphase angesehen werden, sexualisierte Gewalt zu erleben (unter anderem auch im Zusammenhang mit ersten romantischen Beziehungen). Mit Blick auf das Risiko, das von Gleichaltrigen ausgeht, zeigen sich vor allem jene Orte bzw. Kontexte hochriskant, an oder in denen Jugendliche zusammenkommen und aufeinandertreffen. Dazu zählen der öffentliche Raum, die Party und im Bereich der nicht-körperlichen sexualisierten Gewalt vor allem die Schule.
Zwei Dinge möchten wir am Ende dieses kurzen Beitrags betonen. Der Beitrag richtet den Fokus auf die Erfahrungen in der Jugendphase. Das Erleben sexualisierter Gewalt in der Kindheit (Stichwort: sexueller Missbrauch durch Erwachsene) haben wir in unseren Buchpublikationen analysiert. Darauf geht dieser Beitrag nicht ein. Zum Zweiten möchten wir betonen, dass mit der Unterscheidung zwischen Regelschulen, Förderschulen und Beruflichen Schulen keine Aussagen über diese Schulformen als Risikokontexte getroffen werden können. Die Unterschiede, die wir zwischen den drei Studien/Schulformen beschrieben haben, sind vor allem auf das unterschiedliche Alter der Jugendlichen zurückzuführen, nicht auf die besuchte Schulform (auf Unterschiede zwischen Regelschulen und Förderschulen gehen wir hier nicht näher ein). Auch systematische Unterschiede zwischen Haupt-, Real-, Gesamtschulen und Gymnasien haben unsere Studien nicht gezeigt. Vor allem Alter und Geschlecht sind die beiden Faktoren, die die Prävalenzen sexualisierter Gewalt beeinflussen.
Fußnote
1Zu Durchführung (Ethikgutachten, Erhebungssituation etc.), Gewichtungsverfahren und Operationalisierungen siehe ausführlich Maschke & Stecher, 2018, 2022.
Literatur
Averdijk, Margit, Müller-Johnson, Katrin, & Eisner, Manuel (2012). Sexuelle Viktimisierung von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz. Schlussbericht für die UBS Optimus Foundation. Zürich: UBS Optimus Foundation.
Maschke, Sabine, & Stecher, Ludwig (2018). Sexuelle Gewalt: Erfahrungen Jugendlicher heute. 1. Auflage. Weinheim: Beltz.
Maschke, Sabine, & Stecher, Ludwig (2022). »Ich habe so etwas erlebt − und will es nie wieder«. Sexualisierte Gewalt aus der Perspektive Jugendlicher: Fakten, Einordnungen und Prävention. 1. Auflage. Weinheim, Basel: Beltz. Online verfügbar unter https://swbplus.bsz-bw.de/bsz1776102428kla.htm
Alle Links und Literaturangaben beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.
Zitation
Maschke, S., & Stecher, L. (2023). Sexualisierte Gewalt in der Jugendphase − ein Vergleich dreier repräsentativer Studien, FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung: Informationsdienst der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 1, 54–61.
Veröffentlichungsdatum
Prof. Dr. Sabine Maschke ist Professorin für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Philipps- Universität Marburg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u. a.: Kindheits- und Jugendforschung, Übergangs- und Bildungsforschung, Biografieforschung, außerschulische Bildungsforschung (Extended Education), sexualisierte Gewalt.
Kontakt:
maschkes(at)staff.uni-marburg.de
Prof. Dr. Ludwig Stecher ist Professor für Empirische Bildungsforschung an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Forschungsschwerpunkte sind u. a.: Extracurriculare und außerschulische Bildungsforschung (Extended Education), Ganztagsschule, Lehrerbildung, Kindheits- und Jugendforschung.
Kontakt:
udwig.stecher@erziehung.uni-giessen.de
Alle Links und Autorenangaben beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.
Herausgebende Institution
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Artikel der Gesamtausgabe
- Geschlechterrollen, Hausarbeit, Paarkonflikte. Ein erster Blick in „FReDA – das familiendemografische Panel"
- Die Sicht der Eltern auf die Sexualaufklärung ihrer Kinder
- Ungewollte Schwangerschaften im Lebenslauf – Ergebnisse der Studie „frauen leben 3“
- Reproduktionspolitik im Ländervergleich: Eine neue internationale Datenbank
- Pioneering Change: ANSER's Impact Linking Research and Policy on Sexual and Reproductive Health
- Online-Videos zum Schwangerschaftsabbruch: Anbieter, Botschaften und Publikumsreaktionen
- KisS: Ein Programm zur Vermeidung sexueller Aggression bei jungen Erwachsenen
- Sexualisierte Gewalt in der Jugendphase − ein Vergleich dreier repräsentativer Studien
- „Wie geht’s euch?“ Psychosoziale Gesundheit und Wohlbefinden von LSBTIQ*
- Erfahrungen mit §219-Beratung per Telefon oder Video. Sichtweisen von Klientinnen
- Relevanz der sexuellen Rechte in der familiären und schulischen Sexualaufklärung der Schweiz
- Schulische Sexualerziehung aus Adressat*innenperspektive
- Erschwerter Zugang zu Verhütung in den Asylzentren: Perspektiven von geflüchteten Frauen in der Schweiz
- Die EMSA-Studie – Erstes Mal, Menstruation und Schwangerschaftsabbruch in Sozialen Medien
- Sexualaufklärung in der Grundschule. Eine Lehrkräftebefragung im Mixed Methods-Design
- Das EU-Projekt »PERCH«: Gemeinsam gegen HPV-bedingten Krebs
- Erasmus+ Projekt: Sexualaufklärung für Jugendliche und junge Erwachsene mit Fluchthintergrund
- »Safe Clubs« − Ein Transferprojekt zur Prävention sexualisierter Gewalt im Sport
- Unheilbar queer? Konversionsbehandlungen in Deutschland erforschen – eine Annäherung
- Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag (LeSuBiA)
- Infothek