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FORUM 1–2021

Projektskizzen: Die Methodik des Social Listening als ein Element der Qualitätssicherung

Christoph Aluttis , Volker Schmidt-Cox , Informationen zu den Autorinnen/Autoren

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Wer sich informieren möchte, nutzt heutzutage zunehmend die Sozialen Medien. In verschiedenen sozialen Netzwerken können jedoch nicht nur aktuelle Informationen abgerufen werden, es ist auch jeder und jedem Einzelnen möglich, mit anderen zu kommunizieren. Und der Anteil der virtuellen Kommunikation wächst weiter ungebremst. Laut aktueller Statistik werden mittlerweile weltweit pro Sekunde 9000 Tweets versendet, 91000 Videos bei YouTube angeschaut (und kommentiert) sowie 1000 Fotos bei Instagram hochgeladen (Real Time Statistics Project, 2021).

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat den gesetzlichen Auftrag, bundeseinheitliche Maßnahmen zur Sexualaufklärung und Familienplanung zu erarbeiten. Vor diesem Hintergrund ist es im Sinne einer qualitätsgesicherten und zielgruppengerechten Informationsvermittlung wichtig, zu verstehen, welche Informationen in den sozialen Netzwerken auftauchen, wie sie sich verbreiten und wie die Bevölkerung sie rezipiert.

Mittels eines sogenannten Social Listenings kann die Kommunikation über die sozialen Netzwerke systematisch erfasst und ausgewertet werden. Die Methode erlaubt es, mithilfe von entsprechender Software die öffentlich stattfindende Kommunikation in den Sozialen Medien weitestgehend automatisiert zu erfassen und zu analysieren, um so Informationen über die aktuell diskutierten Themen, Trends sowie aktuelle Stimmungen im Netz zu gewinnen. Darüber hinaus kann auch gemonitort werden, inwiefern die eigenen digitalen Inhalte von der Bevölkerung aufgenommen werden. Auf diesen Erkenntnissen kann eine Kommunikationsbehörde wie die BZgA ihre Kommunikation aufbauen und entsprechende Prozesse anpassen. Die so gewonnenen Informationen können genutzt werden, um die Bedarfe und Fragen der Zielgruppen zu erfassen. Diese Erkenntnisse dienen dazu, die bestehenden Medien passgenau zu aktualisieren und den Bedürfnissen der Zielgruppen anzupassen, um diese in ihren Lebenswelten abzuholen. Im Sinne der Qualitätssicherung kann so eine zielgruppengerechtere Ansprache erreicht werden.

 

Social Listening als Pilotprojekt

2019 wurde im Rahmen eines Pilotprojekts Social Listening in der Abteilung Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung der BZgA implementiert. Dabei wurden zunächst relevante Themen identifiziert, die das Social Listening beobachten sollte. Auf dieser Grundlage wurden anschließend Wortkombinationen(Suchsyntaxe) gebildet, die die Diskussionen zu den Themen abbildeten und auf deren Grundlage das Social-Listening-Tool im Anschluss in Echt zeit das Internet durchsuchte. Diese Suche umfasst vorrangig relevante Social- Media-Kanäle wie z. B. Twitter, Facebook oder Instagram, aber auch Nachrichtenseiten inklusive Kommentarspalten, Foren und Blogs wurden erfasst.

Die Ergebnisse konnten anschließend tagesaktuell gesichtet und ausgewertet werden. Dabei konnte zum einen in einem Trendverlauf aufgezeigt werden, wie stark ein bestimmtes Thema an einem Tag diskutiert wurde. Es war jedoch auch möglich, auf der Mikroebene einzelne Posts zu beobachten, um zu schauen, inwieweit sich ein relevanter Post verbreitete und wie er rezipiert wurde. Nach diesem automatisierten quantitativen Monitoring musste im Anschluss eine weitere qualitative Bewertung der Situation wieder durch einen Menschen übernommen werden. In einem weiteren Schritt wurden die erhobenen Informationen in den Kontext der eigenen Kommunikationsmaßnahmen gesetzt und diskutiert.

Grundsätzlich sieht der Ansatz beim Social Listening somit folgende Teilbereiche vor:

  • Quantitative Frequenzmessung: Wie und in welchem Umfang wird über die Themen berichtet? Welche Fragen und Themenbereiche stehen im Vordergrund?
  • Qualitative Themenanalyse: Was sind drängende Fragen, die die Nutzerinnen und Nutzer aktuell bewegen? Was sind neue, schnell wachsende Probleme, zu denen proaktiv Stellung genommen werden kann?
  • Was sind die Fokusthemen, die online in Bezug auf die Themenkomplexe der BZgA diskutiert wurden, und wie lässt sich die eigene Kommunikation anpassen?

Zusätzlich wurden mit dem Projekt folgende Fragestellungen beantwortet:

  • Welche Akteure bestimmen den Online-Diskurs zu bestimmten Themen?
  • Welche Kanäle spielen eine große Rolle bei der Setzung von Themen?
  • Über welche Inhalte wird die größte Aufmerksamkeit erzeugt?
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Weitere Ergebnisse aus dem Projekt

Neben den oben genannten Einblicken in die tagesaktuellen Diskussionen und Trends zu bestimmten Themen konnte auch die Verbreitung von kritischen Beiträgen und sogenannten »Shitstorms« besser nachvollzogen werden. Hierdurch entstand mehr Handlungssicherheit im Umgang mit Kritik und die entsprechende Reaktion konnte besser abgestimmt werden. So wurden durch das Projekt konkrete Parameter und Schwellenwerte entwickelt, mit denen aufkommende Kritik bezüglich ihrer Reichweite und Wirkung realistischer eingeschätzt werden konnte. Darüber hinaus war es möglich, Reaktionen auf Aussagen der BZgA adressatengenau nachvollziehen zu können.

Grundsätzlich hat sich auch gezeigt, dass die Themen Sexualaufklärung, Verhütung, Forschung, Familienplanung, Frühe Hilfen und Prävention sexualisierter Gewaltrege im Netz diskutiert werden. Dabei kann das Social Listening insbesondere bei der Schnelllebigkeit der Online-Diskussion helfen, den Überblick zu behalten. Auf dieser Grundlage können Positionen bezogen und die eigenen Social-Media-Kanäle entsprechend agil und tagesaktuell bespielt werden.

2020 und 2021 wurde das Social Listening darüber hinaus auch eingesetzt, um die für die Abteilung relevanten Themen im Kontext des Covid-19-Pandemiegeschehens zu monitoren. So ließen sich auch während der Coronapandemie Bedarfe und Bedürfnisse der Bevölkerung identifizieren. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse wurden anschließend für die Medien- und Maßnahmenentwicklung der Abteilung diskutiert und entsprechend genutzt. Auch hier diente das Social Listening als wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung.

Abschließend bleibt zu konstatieren, dass das Social Listening ein weiteres wichtiges Element zur Informationsgewinnung und zur Qualitätssicherung für die Abteilung Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung der BZgA darstellen kann. Für die Fachbehörde ist dies eine Ergänzung neben wissenschaftlichen Studien, Expertinnen und Expertenbefragungen, Fokusgruppen oder dem direkten Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, um adressatengerecht arbeiten zu können. Das Social Listening schafft hier einen weiteren digitalen Zugang, um die Bedarfe in der Bevölkerung und die öffentlichen virtuellen Diskurse besser zu verstehen.

Veröffentlichungsdatum

Dr. Christoph Aluttis, Volker Schmidt-Cox

Kontakt: christoph.aluttis(at)bzga.de
volker.schmidt(at)bzga.de

 

 

Alle Angaben zu Links und Autorinnen/Autoren beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.

Herausgebende Institution

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)

Diese Ausgabe des FORUM stellt Maßnahmen und Projekte vor, die die Qualitätssicherung in den Bereichen Sexualaufklärung und Familienplanung, der Prävention von sexualisierter Gewalt und sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) sowie den Frühen Hilfen gewährleisten.
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