Der Anteil der Schwangerschaften bei Minderjährigen hat in den letzten sechs Jahren kontinuierlich zugenommen – ein Phänomen, das in der Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit wahrgenommen wird und sexualpädagogischen Handlungsbedarf signalisiert.
Aus diesem Grund greifen wir mit diesem Heft erneut das Thema „Jugendliche Schwangere und Mütter“ auf (vgl. FORUM 1/2001), und lassen Expertinnen, die in Theorie und Praxis mit minderjährigen Schwangeren befasst sind, zu Wort kommen.
Zwei zentrale Aspekte, die immer wieder Erwähnung finden, seien hier vorweggenommen:
1. Die prozentuale Steigerung erscheint dramatisch, letztlich sprechen wir aber, in absoluten Fallzahlen gesehen, quantitativ über ein wenig spektakuläres Phänomen.
2. Ursache ist nicht etwa mangelnde Sexualaufklärung, vielmehr müssen gesellschaftliche Entwicklungen wie etwa Zukunftsperspektiven sozial randständiger Jugendlicher ins Auge gefasst werden, um das Problem adäquat zu erfassen. Evelyn Laue vom Statistischen Bundesamt nennt konkrete Zahlen zu Geburten und Schwangerschaftsabbrüchen bei Minderjährigen und beschreibt, wie sie ermittelt werden und welche Aussagekraft sie haben.
Jutta Franz und Ulrike Busch skizzieren Hintergründe, mögliche Ursachen und Motive für Schwangerschaften bei Jugendlichen. Sie stellen Beratungskonzepte vor und formulieren Anforderungen für die Bereiche Politik und Prävention. Die Anzahl minderjähriger Mütter im Land Sachsen hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt und liegt damit deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt. Grund genug für die Hochschule Mittweida und die Universität Leipzig im Auftrag der BZgA diese Entwicklung zu untersuchen und flächendeckend Expertinnen und Experten nach ihren Angeboten und vor allem nach ihrer Einschätzung der Situation zu befragen. Soziale Ungleichheit und geringe Teilhabechancen an der Gesellschaft, so zeigt diese Studie, über die Monika Häußler-Sczepan und Marion Michel berichten, scheinen bei der Verwirklichung eines Kinderwunsches im Jugendalter eine besondere Rolle zu spielen.
Auch im Bremer Projekt MOSAIK werden soziale Strukturdaten und die Bildungssituation junger Mütter herangezogen, weil sie zeigen, mit welchen Faktoren die steigenden Zahlen von Schwangerschaften korrelieren. Die Autorinnen Barbara Thiessen und Eva Anslinger verweisen auf die Notwendigkeit einer besonderen Förderung junger Mütter, um ihnen die Entwicklung und Umsetzung eigenständiger Lebensperspektiven zu ermöglichen.
Sabine Pregitzer und Vanessa Jones berichten über zwei innovative Kooperationsprojekte, die jungen Müttern durch bedarfsgerechte Angebote Wege ebnen, um ihre Schulausbildung abzuschließen und sich beruflich zu qualifizieren. Iris Schöning beschreibt anschaulich das Projekt „Babybedenkzeit“, bei dem Mädchen und Jungen mit Hilfe eines „Babysimulators“ vier Tage lang erleben können, was es heißt, für ein Baby verantwortlich zu sein.
Schließlich zitieren wir ausführlich aus einer Sekundäranalyse zur Studie Jugendsexualität 2001 der BZgA, die Zusammenhänge zwischen unsicherem Verhütungsverhalten junger Mädchen und Faktoren wie etwa Alter, Familiensituation und religiöse Einstellungen aufzeigt.
Inhalt
- Schwangerschaftsabbrüche und Geburten minderjähriger Schwangerer - die amtliche Statistik
Evelyn Laue
- Schwangerschaften Minderjähriger - Hintergründe und beraterische Anforderungen
Jutta Franz, Ulrike Busch
- Teenager-Schwangerschaften in Sachsen - Angebote und Hilfebedarf aus professioneller Sicht
Monika Häußler-Sczepan, Marion Michel
- „Also für mich hat sich einiges verändert ... eigentlich mein ganzes Leben." Alltag und Perspektiven junger Mütter
Barbara Thiessen, Eva Anslinger
- Schulausbildung und berufliche Qualifizierung für junge Mütter - innovative Kooperationsmodelle aus Bremen
Sabine Pregitzer, Vanessa Jones
- „Babys sind nicht immer so süß, wie sie aussehen!"Das Projekt „Babybedenkzeit"
Iris Schöning
- Unsicheres Verhütungsverhalten junger Mädchen Eine Sekundäranalyse der Studie Jugendsexualität 2001
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung