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FORUM 1–2017

Hat die sexualfreundliche Zukunft schon begonnen?

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In Bewegung

Zum dritten Mal habe ich hier die Möglichkeit, eine Einschätzung über die »sexual pädagogische Lage« in Deutschland zum Thema Sexualität und Behinderung zu geben. Das freut mich sehr, da ich seit über 20 Jahren freiberuflich als Dozent des Institutes für Sexualpädagogik (isp) und angestellt in verschiedenen Projekten zum Themenkomplex arbeite. Momentan begleite ich als Mitarbeiter der PETZE in Kiel im Rahmen des Modellprojektes BeSt Einrichtungen der Eingliederungshilfe bei der Optimierung ihrer Kinderschutz strukturen.

Ich möchte im Folgenden überblickartig bilanzieren, was schon erreicht ist und wo meines Erachtens weiterhin Bedarf an Veränderung besteht. Drei Einschränkungen vorweg: Dies ist eine subjektive Einschätzung, die gewiss viele existierende positive Ansätze ignoriert, von denen ich keine Kenntnis habe. Zudem kann ich schon aufgrund der Kürze meines Artikels die Vielfalt nicht abbilden, und die Lebensverhältnisse von Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft sind (zum Glück) sehr vielfältig und verschieden. Dies macht, ebenso wie die unterschiedlichen Ausprägungen und Auswirkungen verschiedener Handicaps, eine Eingrenzung notwendig. Ich beschränke mich in meiner Analyse auf die Situation der ambulant und stationär betreuten Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung.

Also zurück zu der Ausgangsfrage: Hat »die sexualfreundliche Zukunft« schon begonnen? Ja, in den letzten 15 Jahren ist vieles und Wichtiges passiert, was auch die Beiträge und Projektbeschreibungen in diesem Themenheft verdeutlichen.

Ein kurzer Überblick

Die Behindertenrechtskonvention ist in Deutschland längst ratifiziert. Damit ist das Recht auf Selbstbestimmung, auf Gleichstellung und Partizipation bindend. Aktionspläne zur Umsetzung müssen fortlaufend erstellt und die Fortschritte überprüft werden.

Sexuelle Rechte sind mittlerweile auch für Menschen mit Behinderung etabliert. Und durch die Reform des Sexualstrafrechts im Jahr 2016 wurde eine lang kritisierte Ungleichbehandlung im Hinblick auf sexuelle Übergriffe aufgelöst. Der sexuelle Missbrauch widerstandsunfähiger Menschen wird nun endlich nicht mehr geringer bestraft als der von Personen, die sich wehren können.

Auch in der Praxis gibt es viele positive Ansätze. Viele Einrichtungen und Dienste stellen sich inzwischen der Aufgabe, sexualpädagogische Elemente umzusetzen. Und einige Einrichtungen arbeiten inzwischen fundiert und erfolgreich auf der Basis sexualpädagogischer Konzepte. Für Menschen mit Behinderung sind gerade in den letzten Jahren vermehrt Medien und Materialien in Leichter Sprache zu unterschiedlichen sexualpädagogischen Themenbereichen erschienen. Überdies ist die sexualpädagogische Fortbildungslandschaft zumindest für professionell Tätige in vielen Regionen vielfältig und bunt.

Das Angebot an Literatur, auch zu speziellen Fragen und Themen, wächst, und auch in der Lehre und Forschung ist die Themenkombination Behinderung und Sexualität inzwischen angekommen. Verschiedene regionale und bundesweite Projekte suchen nach überindividuellen Lösungen und haben wertvolle Erkenntnisse generiert.

Und nicht zuletzt wird endlich der Tatsache Rechnung getragen, dass Menschen mit Behinderung nachweislich lebenslang ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko haben, sexuelle Übergriffe zu erleiden. Infolgedessen wird ihre Situation endlich in den Diskussionen über sexualisierte Gewalt mit reflektiert. Dem angemessene Präventions- und Interventionskonzepte werden seit ein paar Jahren von unterschiedlicher Seite eingefordert und zunehmend auch umgesetzt.

Zurück in die Zukunft – aktionistisch, isoliert und wenig koordiniert

Die Lebensrealität von Menschen mit Behinderung, sei es von Erwachsenen, Kindern oder Jugendlichen, wird allerdings durch die Etablierung von Rechten, das Vorhandensein von Literatur und Medien und die Debatten über sexualisierte Gewalt nicht automatisch mit verändert.

Die Schatten der Vergangenheit sind lang, denn Sexualität von Menschen mit Behinderung wurde bis vor nicht allzu langer Zeit vielerorts noch tabuisiert. Viel zu häufig wurden ihnen Möglichkeiten zur Selbstbestimmung gerade im sexuellen Bereich verweigert, unter anderem auch deshalb, weil Mythen, wie z. B. »gesteigerte Triebhaftigkeit« oder, konträr dazu, »ewig kindhaft«, vorherrschten. In den Einrichtungen wurde jahrzehntelang nach solchen Vorstellungen gehandelt; die pädagogische Kultur und Praxis der Einrichtungen und auch die professionell Tätigen sind davon geprägt. Nicht selten kann man es bereits den Räumlichkeiten ansehen, dass sie vor allem eins sind: praktisch und pflegeleicht. Ästhetik für die Sinne und Individualität wurden vor allem in den älteren Einrichtungen komplett vergessen, als hätten Menschen mit Behinderung dafür keinen Sinn oder würden es nicht brauchen.

Ein Beispiel: Eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit sogenannter geistiger Behinderung erarbeitet mit Hilfe ex terner Unterstützung ein sexualpädagogisches Konzept, eine Arbeitsgruppe aus hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird dazu gebildet. Die aktuelle Situation der Einrichtung im Hinblick auf den Umgang mit Sexualität, Prävention und Selbstbestimmung wird analysiert. Ein konkretes Ergebnis davon ist, dass die betreuten Mädchen und Jungen bislang nicht die Möglichkeit haben, ihren Körper überhaupt als Ganzes wahrzunehmen, da es nur über den Waschbecken kleine Spiegel gibt. Das Aufhängen von größeren Spiegeln, die den Menschen erlauben, sich von Kopf bis Fuß sehen zu können, wird als konkret und recht einfach umsetzbares Mittel erkannt, damit sie ihre Körperwahrnehmung verbessern können.

Zum nächsten Treffen der Arbeitsgruppe kommt ein Mitarbeiter völlig frus triert aus seiner Gruppe und berichtet, dass das Vorhaben im Team gänzlich unterschiedlich bewertet wird und sehr viel Skepsis die Umsetzung der Idee blockiert. Einige Kollegin nen und Kollegen befürchten beispielsweise, dass durch die Ganzkörperspiegel bei den Mädchen und Jungen erhöhte »sexuelle Impulsdurchbrüche« zu erwarten sind, andere mei nen, dass die Spiegel zu »ungehemmtem sexuellem Verhalten« führen könnten.

Viele Einrichtungen kommen über sexualpädagogische Anfänge nicht hinaus, wenn sie feststellen, dass durch die Beschäftigung mit dem Themenkomplex Sexualität und Selbstbestimmung zumindest am Anfang mehr Fragen auftauchen als Antworten gegeben werden. Unterschiedliche Haltungen der Mitarbeitenden treffen gerade bei einem so persönlichen und wertegeladenen Thema aufeinander, und im pädagogischen Alltag gibt es selten Zeit, sich damit an gemessen auseinanderzusetzen. Infolgedessen kann es passieren, dass das Thema komplett wieder fallen gelassen wird.

Noch ein Beispiel aus der Praxis: Eine Wohneinrichtung hat drei Fortbildungstage für das Thema Sexualität, Prävention und Selbstbestimmung – zwei Tage für eine Gruppe männlicher Bewohner und einen Tag für die pädagogisch Tätigen. Bis dato waren dies dort Tabuthemen, das sollte mit der neuen Leitung anders werden. Die Fortbildungen liefen gut und fanden allseits Anklang. In der Folge formulierten die Bewohner ihre Bedürfnisse nach Sexualität klarer und direkter. Und die Mitarbeitenden legten mehr Wert darauf, sexuelle Selbstbestimmung zu ermöglichen. Allerdings traten auch Situationen auf, die von Mitarbeitenden unterschiedlich eingeschätzt wurden. So wurden zwei Bewohner beobachtet, die nebeneinander auf dem Sofa saßen und sich gegenseitig an den Genitalien berührten. Die Bewohner waren beide erwachsen, aber unterschiedlich stark gehandicapt. Zudem vermuten die Mitarbeitenden bei dem einen Mann vorherige Missbrauchserfahrungen. Was nun zu tun sei, wurde gänzlich unterschiedlich gesehen und schien vollkommen konträr. Sahen die einen diese Begegnung als Chance, betonten die anderen den Schutzbedarf. Wieder andere befürchteten zudem, dass den sexuellen Neigungen Tür und Tor geöffnet werden, wenn keiner dies unterbinden würde.

An diesen Beispielen wird ein Grundproblem deutlich: Theoretisch ist inzwischen vielerorts klar, dass Sexualität ein grundlegendes Thema und Prävention von und Intervention bei sexualisierter Gewalt wichtige Aufgaben sind. Die praktische Umsetzung funktioniert aber nur in Ansätzen und sehr zögerlich. Zunehmend wird deutlich, dass einzelne Maß nahmen nur begrenzte Wirkungen haben und sich Maßnahmen sogar zum Teil widersprechen können. Es kann passieren, dass in einer Einrichtung endlich die dringend notwendige Diskussion um sexualisierte Gewalt gegen Kin der, Jugendliche und Erwachsene geführt wird und an schließend vor allem aus Angst vor sexueller Gewalt in der Einrichtung das Recht der sexuellen Selbstbestimmung völlig aus dem Blick gerät. Solch ein Handeln steht dann im Widerspruch zu sexualpädagogischen Ansätzen zur Prävention – hier ist Selbstbestimmung ein Kernelement. Dazu kommen noch zweifelnde Angehörige, Kostendruck und unklare Zuständigkeiten von Ämtern und Behörden.

Ein großes Manko ist zudem bis heute, dass professionell Tätige immer noch nicht zwingend und ausreichend durch ihre Ausbildung auf die Thematiken Sexualität und sexualisierte Gewalt vorbereitet werden.

Als Folge reiben sich vielerorts einzelne engagierte Mitarbeitende oder Leitungskräfte an der Komplexität der Thematik auf. Hier sind zwei Muster zu beobachten: Manchmal erkennen Einrichtungsleitungen einen Handlungsbedarf und bürden dann einfach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusätzliche Aufgaben auf. Solch ein hierarchisches »Durchregieren« (»top-down«) ohne Einbindung der Mitarbeitenden in einen Prozess wird weder dem Thema gerecht noch den Menschen, die in der Einrichtung leben. Ebenfalls unbefriedigend ist das Ergebnis in der Regel, wenn Mit arbeitende versuchen, sexuelle Bildung ohne konzeptionelle Anbindung und Leitungsunterstützung quasi »von unten« zu etablieren (»bottom-up«). Beide Zugänge sind wenig erfolgversprechend. Im Gegenteil: Solch ein Vorgehen kann schnell dazu führen, dass nach den ersten frustrierenden Erfahrungen mit der Einführung einer zeitgemäßen sexual pädagogischen Begleitung aufgehört wird.

Statt Aktionismus

Was also braucht es in Einrichtungen und Diensten, damit Menschen mit Behinderung Sexualität möglichst selbstbestimmt erleben können und es Mitarbeitenden möglich ist, dies im Alltag der Menschen zu einer selbstverständlichen Realität werden zu lassen?

Eine sexualfreundliche Zukunft bedarf eines integralen Ansatzes für sexuelle Bildung, Prävention und Intervention. Dieser Ansatz ist durch drei zentrale Bausteine gekennzeichnet: Erstens muss er in dem Sinne integral sein, dass Empowerment und Partizipation der Menschen, um die es geht, sowohl Ausgangspunkt als auch Kernstück sind. Das bedeutet nicht weniger als dass Empowerment und Partizipation Leitprinzipien des gesamten pädagogi schen Handelns und der Angebote sein müssen – nicht nur zu Sexualität und Prävention (s. a. den Beitrag von L. Sand fort in dieser Ausgabe).

Sexuelle Selbstbestimmung kann nur gelingen, wenn Men schen lernen und angeregt werden mitzubestimmen. Gerade beim Thema Sexualität, das eine höchst persönliche Angelegenheit ist, ist es schwer nachvollziehbar, wenn Menschen mit Behinderung von Entscheidungs- und Planungsprozessen ausgeschlossen werden und andere für sie bestimmen. Insofern ist es absolut zu begrüßen, dass Beteiligungsgremien wie Heim- oder Werkstattbeiräte und zunehmend auch Frauenbeauftragte sich vielerorts etablieren und das Konzept des Peer Counseling langsam aner kannt wird. Diese wichtigen Impulse dürfen aber nicht darüber hin wegtäuschen, dass wir als Gesellschaft und auch viele behinderungsspezifische Dienste und Einrichtungen im Hinblick auf Inklusion und Beteiligung von Menschen mit Behinderung noch viel lernen müssen. Und ob das beschlossene Bundesteilhabegesetz dies nachhaltig ändern wird, daran bestehen berechtigte Zweifel.

Zweitens muss dieser Ansatz in dem Sinne integral sein, dass er eine Balance von schutz- und raumgebenden Strukturen beinhaltet. Die weit verbreitete Praxis in Einrichtungen und Diensten, entweder präventiv oder sexualpäda go gisch zu arbeiten oder beide Bereiche getrennt von einan der zu bearbeiten, greift zu kurz. Viel nachhaltiger ist es, beide Bereiche als zusammenhängend zu verstehen und pa rallel zu gestalten, d.h. präventiv und sexualfreundlich.

Eine in diesem Sinne integrale und damit offene Sichtweise eröffnet einen anderen Blick auf viele Situationen, mit denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konfrontiert sind. Ein »klassisches Beispiel« ist das Nacktsein oder auch die Selbstbefriedigung von Menschen mit Behinderung im öffentlichen Raum. Nicht selten liegt diesem Verhalten nicht die Absicht der Provokation oder der Grenzüberschreitung zugrunde, sondern es ist das Ergebnis von Gewohnheit und/oder eines fehlenden Lernprozesses. Natürlich muss dieses Verhalten dort unterbunden werden, wo es nicht erwünscht bzw. erlaubt ist, d.h., es muss eine begründete Grenze gesetzt werden. Als pädagogisches Handeln reicht dies aber nicht aus. Ansonsten würde nicht nur das »falsche« Verhalten, sondern auch das Bedürfnis verwehrt werden. Wichtig ist es, dass nach der Grenzsetzung geklärt wird, welches Bedürfnis dem Verhalten zugrunde liegt, und zu überlegen, wo die Person das Bedürfnis ausleben kann. Bildlich gesprochen also einen Raum zur Verfügung zu stellen. Jeder Raum hat eine Grenze und jede Grenze bestimmt einen Raum. Das eine geht nicht ohne das andere, diese Komplexität sollte das pädagogische Handeln immer berücksichtigen.

In der pädagogischen Praxis geht es folglich im Hinblick auf die Gewährung sexueller Selbstbestimmung zukünftig darum, parallel Räume zur Verfügung zu stellen und Grenzen zu definieren und deren Einhaltung zu gewährleisten. Diese Ausrichtung kann kein optionales Angebot sein, sondern muss auf allen Ebenen von Einrichtungen und Diensten verankert werden.

Und hiermit kommen wir zum dritten Bestandteil eines integralen Ansatzes. Idealtypisch müssen Einrichtungen der Eingliederungshilfe durch externe Fachkräfte bei der Optimierung ihrer sexualpädagogischen und präventiven Strukturen unterstützt werden.1 Das integrale Element ist dabei, dass alle Ebenen und Beteiligten parallel fortgebildet und begleitet werden, damit sie gemeinsam einen Veränderungsprozess gestalten (s.a. das TRASE-Projekt in der Rubrik Infothek).

Ausgangspunkt dieses Veränderungsprozesses sollte immer eine Analyse der bestehenden Strukturen und der Bedarfe der jeweiligen Einrichtung sein. Die Angebote, die daraus resultieren, müssen einrichtungsspezifisch entwickelt werden. Dabei sollte sichergestellt werden, dass Maßnahmen sowohl auf der Ebene

  • der Institution (z.B. durch Entwicklung von Konzepten und eines Leitbilds),
  • der professionell Tätigen (z. B. durch Fortbildungen, regelmäßige Fallbesprechungen) als auch
  • der Menschen mit Behinderung (z. B. durch Bildungsangebote, Partizipationskonzepte) ergriffen werden.

Ein solcher integraler Ansatz bedeutet in vielen Einrichtungen nicht mehr und nicht weniger als einen Paradigmen und Haltungswechsel. Statt, wie es in vielen Einrichtungen leider immer noch üblich ist, zu warten, bis ein auffälliges sexuelles Verhalten oder der Verdacht auf sexuelle Übergriffe ein Handeln erfordert, gilt es proaktiv und lebenslang Menschen mit Behinderung bei der Entwicklung selbst gewählter Lebenspläne auch in ihrer Sexualität zu unterstützen, entsprechende Angebote bereitzustellen und Unter stützungsnetzwerke aufzubauen. Hierbei sind externe Beratungsstellen und Dienste eine notwendige Unter stützung. Die Potenziale sozialräumlicher Netzwerke und die Abstim mung und Vernetzung vorhandener Angebote werden bislang nur vereinzelt genutzt.

Resümee

»Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll.« (Georg Christoph Lichtenberg).

Es ist viel passiert. Die Rahmenbedingungen sind gesetzt und es gibt im Hinblick auf eine sexualfreundliche Zukunft viele positive Ansätze. Aber noch herrscht vielerorts Aktionismus vor. Stattdessen braucht es einen neuen, integralen Ansatz, dessen grobe Umrisse ich skizziert habe. Nur auf diese Weise können passgenaue und verzahnte Handlungspläne und Konzepte für die Gesamtorganisation, die professionell Tätigen und die Menschen mit Behinderung entwickelt und umgesetzt werden.

Diese komplexe Aufgabe kann nicht von den Einrichtungen und Diensten allein geleistet werden. Hier ist der Staat gefordert, ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen und die politischen Rahmenbedingungen entsprechend zu setzen. Dies betrifft nicht nur die Konzeptentwicklung, Fortbildung und die Beratung, sondern auch den Bereich der Forschung und Lehre an den Universitäten. Es reicht nicht, Modellprojekte zu bezahlen, entscheidend ist, wie es danach weitergeht. Die gewonnenen Erkenntnisse müssen systematisch zur Verfügung gestellt werden und damit schneller und umfassender Eingang in die Praxis finden.

Wie wir alle wissen, braucht es viel Einsatz und Ressourcen, Veränderungsprozesse in Einrichtungen anzustoßen und dafür zu sorgen, dass ein neuer Weg eingeschlagen wird. Ich denke aber, dass sich der Weg für alle Beteiligten lohnt. In diesem Sinne möchte ich mit einem Zitat des indischen Gelehrten Sri Aurobindo schließen: »Wenn dein Ziel groß ist und deine Mittel klein, handle trotzdem. Durch dein Handeln allein werden auch deine Mittel wachsen.«

Fußnoten

1 Im Modellprojekt »BeSt« (s. Projektskizze in dieser Ausgabe) werden mit diesem Verfahren aktuell sehr positive Erfahrungen gemacht. Evaluierte Ergebnisse liegen 2018 vor.

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Veröffentlichungsdatum

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Dipl.-Päd. Ralf Specht

Ralf Specht lebt in Hamburg und führt seit vielen Jahren Fortbildungen für Menschen mit Behinderung und ihre Unterstützungspersonen durch. Er ist Dozent am Institut für Sexualpädagogik (isp) und Mitarbeiter der PETZE in Kiel. Dort ist er in den Projekten »Beraten und Stärken (BeSt)« sowie »Echt mein Recht! Entwicklung einer interaktiven Ausstellung für Erwachsene mit Behinderung« tätig.


Alle Angaben zu Autorinnen und Autoren beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.

Herausgebende Institution

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