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FORUM 1–2023

Geschlechterrollen, Hausarbeit, Paarkonflikte. Ein erster Blick in „FReDA – das familiendemografische Panel"

Detlev Lück , Lena C. Frembs , Martin Bujard , Ulrich Weih , Informationen zu den Autorinnen/Autoren
Die neue familiendemografische Panelstudie »FReDA« (Family Research and Demographic Analysis) bietet mit etwa 30 000 Befragten und einer repräsentativen Datengrundlage vielfältige Möglichkeiten für empirische Studien, unter anderem zum Beziehungsleben und zu den Geschlechterrollen in Deutschland. Erste Analysen zeigen, dass vor allem Hausarbeit und Freizeitgestaltung häufige Konfliktthemen in Partnerschaften sind und dass eine einseitige Aufteilung der Hausarbeit zu großer Unzufriedenheit führt. Die Geschlechterrollen unterscheiden sich bezüglich der als ideal angesehenen Erwerbsarbeitszeit von Eltern erheblich. Auch die Sorgen durch die Corona-Pandemie weisen deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede auf.

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Die neue familiendemografische Panelstudie »FReDA« (Family Research and Demographic Analysis) bietet mit etwa 30 000 Befragten und einer repräsentativen Datengrundlage vielfältige Möglichkeiten für empirische Studien, unter anderem zum Beziehungsleben und zu den Geschlechterrollen in Deutschland. Erste Analysen zeigen, dass vor allem Hausarbeit und Freizeitgestaltung häufige Konfliktthemen in Partnerschaften sind und dass eine einseitige Aufteilung der Hausarbeit zu großer Unzufriedenheit führt. Die Geschlechterrollen unterscheiden sich bezüglich der als ideal angesehenen Erwerbsarbeitszeit von Eltern erheblich. Auch die Sorgen durch die Corona-Pandemie weisen deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede auf.

FReDA1 steht für »Family Research and Demographic Analysis« (Schneider et al., 2021). Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden, dem GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim sowie der Universität zu Köln, die das Konsortium der Panelstudie »pairfam« repräsentiert. Es wurde am 1. Januar 2020 gestartet. Die Aufbau- und Konsolidierungsphase bis Ende 2024 wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.2 Im Falle einer positiven Evaluation beabsichtigt das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), das Projekt ab 2025 weiterzuführen.

Die in »FReDA« erhobenen Daten decken ein breites Spektrum von Themen im Kontext von Familie und privaten Beziehungen ab, darunter Familienplanung und Fertilität, Partnerschaften, Elternschaft, Beziehungen zwischen Generationen, Einstellungen und Werte, Gesundheit, Wohlbefinden und Persönlichkeit, Bildung, Erwerbssituation, Einkommen und Vermögen.

Für die »FReDA«-Befragungen wurde 2020 eine repräsentative Stichprobe gezogen. Grundgesamtheit dafür war die deutsche Wohnbevölkerung im Alter von 18 bis 49 Jahren. Im Frühjahr 2021 wurde die erste Befragung durchgeführt. Die Befragten wurden gebeten, selbstständig einen für sie hinterlegten Online-Fragebogen auszufüllen. Dies war trotz der vorherrschenden Kontaktbeschränkungen durch die COVID-19-Pandemie gut möglich (Gummer et al., 2020). Denjenigen, die dies nicht wollten oder konnten (etwa 15 bis 20 Prozent der Befragten), wurde der Fragebogen auch in Papierform angeboten. Eine Befragung in »FReDA« dauert etwa 25 Minuten. Jede Welle wird in zwei »Teilwellen« aufgeteilt, die jeweils im Frühsommer (Teilwelle A) und im Spätherbst (Teilwelle B) eines Jahres erhoben werden. Dies reduziert die zeitliche Belastung der Befragten in einer Teilwelle. Um den Einstieg in das Panel zu erleichtern, wurde im Frühjahr 2021 eine 10-minütige Rekrutierungsbefragung »Welle 1R« vorangestellt. An dieser Rekrutierungsbefragung beteiligten sich 37.417 Personen, von denen 26.725 ihr Einverständnis gaben, sie für weitere Befragungen zu kontaktieren. Die Beteiligung bei den weiteren Befragungen im Jahr 2021 lag bei 22.485 (Welle 1A) und 20 270 Personen (Welle 1B). Sofern Befragte eine Partnerin oder einen Partner hatten, wurden diese ebenfalls um ein Interview gebeten. Im Sommer 2021 hat sich davon etwa die Hälfte, 7.342 Personen, an der Befragung beteiligt.

»FReDA« integriert zwei Vorgängerstudien und führt diese fort. Die erste ist der »Generations and Gender Survey« (GGS), ein renommiertes internationales Erhebungsprogramm, an dem das BiB von Beginn an beteiligt ist. Die zweite Studie ist das seit 2008 etablierte »Beziehungs- und Familienpanel« »pairfam«.

Die Daten der Rekrutierungsbefragung Welle 1R (Bujard et al., 2022) stehen seit dem 31. Mai 2022 der wissenschaftlichen Community zur Verfügung (bit.ly/FReDA_Datenzugang). Seit dem 31. Mai 2023 sind auch die weiteren 2021 erhobenen Teilwellen Welle 1A und Welle 1B veröffentlicht. Die hier vorgestellten Befunde basieren auf einer Beta-Version dieser Daten, die im Winter 2022/2023 vorlag, d. h., es können sich in Anteilswerten noch marginale Änderungen ergeben, nicht jedoch in den grundsätzlichen hier beschriebenen Zusammenhängen.

Beziehungsleben und Geschlechterrollen in Deutschland

Zu den Kernthemen in »FReDA« zählen unter anderem das Beziehungsleben und Geschlechterrollen. Auf diese werfen die folgenden Analysen Schlaglichter: Sie schauen auf die Zufriedenheit mit der Arbeitsteilung im Haushalt und auf häufige Themen bei Streit in Beziehungen. Sie zeigen Geschlechterrollen in den als ideal empfundenen Erwerbsarbeitszeiten von Müttern und Vätern auf sowie in den geschlechtsspezifischen Sorgen während der Corona-Pandemie.

Ein zentrales Thema in Partnerschaften ist die Aufteilung der wichtigsten und zeitaufwendigsten gemeinsamen Verantwortungen: auf der einen Seite die Erwerbsarbeit und auf der anderen Seite Haus- und Sorgearbeit, in der Regel die Betreuung und Erziehung von Kindern oder die Pflege von Familienangehörigen. Der Verantwortungsbereich der Hausarbeit, welcher traditionell Frauen zugeschrieben ist, wird heute etwas egalitärer zwischen den Partnerinnen und Partnern einer Paarbeziehung aufgeteilt als in den 1960er-Jahren. Doch auch heute lässt sich aus den »FReDA«-Daten ablesen, dass beispielsweise das Putzen, Kochen oder Wäschewaschen in vielen Partnerschaften vorrangig von der Frau übernommen werden.

Wie Abbildung 1 zeigt, führt eine ungleiche Verteilung bei der stärker involvierten Person zu Unzufriedenheit. Befragte, die angeben, dass sie eine Haushaltstätigkeit »immer« oder »überwiegend« übernehmen, äußern eine geringere Zufriedenheit mit der Aufteilung der Hausarbeit im Allgemeinen. So bewerten zum Beispiel Frauen, die das Wäschewaschen in ihrer Beziehung immer übernehmen, ihre Zufriedenheit mit der Aufteilung der Hausarbeit auf einer Skala von 0 bis 10 im Durchschnitt mit etwa 6,7, also mit einem vergleichsweise niedrigen Wert. Das gilt ganz ähnlich auch für Männer, die das Wäschewaschen alleine übernehmen – auch wenn das im Vergleich zu Frauen deutlich seltener vorkommt. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich für andere Tätigkeiten im Haushalt wie Kochen oder Putzen. Ob die Haushaltstätigkeit gleich aufgeteilt ist oder ob die Partnerin oder der Partner mehr tut, macht für die Zufriedenheit dagegen kaum einen Unterschied. Ein hohes Maß an Zufriedenheit bei beiden Partnerinnen und Partnern stellt sich nur ein, wenn »beide gleichermaßen« die Hausarbeit schultern.

Wie sich aufgrund der Befunde zur (Un-)Zufriedenheit mit der Aufteilung der Hausarbeit vermuten lässt, ist diese auch ein häufiges Konfliktthema in Partnerschaften (siehe Abbildung 2). Bei der Frage, wie häufig man sich mit der Partnerin oder dem Partner über verschiedene Themen streitet, wird die Hausarbeit besonders oft genannt. Allerdings muss nicht in jedem Fall die Aufgabenteilung das Streitthema sein; es könnte beispielsweise auch um die Ausführung gehen. Das zweite häufig genannte Konfliktthema ist die Freizeitgestaltung.

Bestimmte Konfliktthemen gewinnen und verlieren im Lebensverlauf an Relevanz, weil sie im Alltag der Paare nur in bestimmten Lebensphasen eine Rolle spielen. Abbildung 2 macht dies am Alter der befragten Person fest. So gewinnt das Thema Familienplanung zwischen 20 und 30 an Bedeutung und verliert sie jenseits der 40, wenn die Familienplanung für die meisten Paare abgeschlossen ist. Über die Kindererziehung streiten sich Paare dann, wenn minderjährige Kinder da sind: typischerweise jenseits der 30.

Bei der Aufteilung der Erwerbsarbeit gibt es nach wie vor eine deutliche Ungleichverteilung – allerdings, wie auch andere Studien belegen, erst dann, wenn ein Paar Kinder hat und die Frage aufkommt, welcher Elternteil seine Erwerbsarbeit in welchem Umfang reduziert. Typischerweise wechseln dann Mütter in Teilzeitarbeit und verbleiben über einen längeren Zeitraum dort, während Väter unvermindert Vollzeit arbeiten.

Doch welchen Erwerbsumfang fänden die 18- bis 50-jährigen Menschen in Deutschland für Eltern wünschenswert? Gängige Einstellungsfragen vermitteln oft den Eindruck, dass die Einstellungen bei jungen Erwachsenen dazu bereits sehr egalitär seien. Allerdings zeigt eine erstmalig in »FReDA« erfasste Frage zur idealen wöchentlichen Arbeitszeit von Eltern nach wie vor existierende Geschlechterunterschiede bei der Einstellung zur elterlichen Erwerbsarbeit. Da in der »Rushhour des Lebens«, der Phase mit Kindern unter sechs Jahren, besonders viel Zeit für Fürsorgearbeit aufgewandt werden muss, wird die Frage für fiktive Eltern gestellt, deren jüngstes Kind ein bestimmtes Alter hat: Dieses Alter wird von 2 bis 18 variiert.

Abbildung 3 zeigt, dass für Mütter mit Kleinkindern eine starke Reduktion der Erwerbsarbeitszeit befürwortet wird, wobei der gewünschte Erwerbsumfang mit zunehmendem Alter des Kindes wieder deutlich ansteigt. Dieser liegt in Westdeutschland für eine Mutter eines zweijährigen Kindes bei 18 Stunden und bei einem 18-jährigen Kind bei über 35 Wochenstunden – deutlich höher, als in der Realität vorzufinden ist. Auch Väter von Kleinkindern sollten – so der Durchschnitt der Befragten – ihre Arbeitszeit reduzieren, allerdings nur sehr geringfügig.

Während Frauen und Männer sich über die ideale Arbeitszeit von Müttern und Vätern einig sind, bestehen nach wie vor die bekannten Einstellungsunterschiede zwischen Befragten aus Ost- und Westdeutschland. In Ostdeutschland wird die ideale Erwerbsarbeitszeit von Müttern zweijähriger Kinder bei 27 Stunden gesehen, durchschnittlich etwa 8 Stunden über der in Westdeutschland. Mit steigendem Alter des Kindes nähern sich diese Werte in Ost- und Westdeutschland an.

Die fortbestehenden Geschlechterunterschiede zeigen sich selbst in unterschiedlichen Arten der Belastungen und Sorgen von Männern und Frauen während der Corona-Pandemie (Abbildung 4). Im Frühjahr 2021 prägten vor allem Belastungen aufgrund von Kontaktbeschränkungen das Lebensgefühl, daneben aber auch die Angst, selbst zu erkranken, sowie finanzielle Sorgen. In dieser Zeit waren die meisten jungen Menschen noch nicht gegen das Coronavirus geimpft und es bestanden weitgehende Kontaktbeschränkungen.

Frauen erlebten insgesamt stärkere Belastungen als Männer. Auch hatten sie deutlich häufiger Angst zu erkranken und litten stärker unter den Kontaktbeschränkungen. Darin spiegeln sich sehr wahrscheinlich vor allem die zusätzlichen Verantwortungen wider, Kinder zu Hause zu betreuen und zu unterrichten, weil Kindertageseinrichtungen und Schulen geschlossen waren. Lediglich die Sorge vor finanziellen Einbußen war bei Männern größer als bei Frauen. Deutlich mehr Frauen als Männer konnten der Pandemie auch »gute Seiten« abgewinnen.

Fazit

Von der Partnersuche bis zur Trennung beleuchten die »FReDA«-Daten diverse Aspekte des Beziehungslebens, von denen hier nur Ausschnitte gezeigt wurden. Die Frage, wie Paare ihren Alltag organisieren und wie sie insbesondere den Spagat zwischen Hausarbeit, Kindererziehung und Erwerbsarbeit hinbekommen, ist nach wie vor zentral. Dementsprechend machen sich daran häufig Unzufriedenheit und Konflikte fest. Über die vergangenen Jahrzehnte zeigt sich ein Trend, die Aufgaben in der Partnerschaft zunehmend paritätisch auf zwei Paar Schultern zu verteilen. Doch weiterhin klaffen Wunsch und Wirklichkeit häufig auseinander.

Fußnoten

Dieser Beitrag ist 2023 in der Zeitschrift »Bevölkerungsforschung Aktuell« des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) erschienen: Lück, Detlev, Frembs, Lena C., Bujard, Martin, & Weih, Ulrich (2023). Geschlechterrollen, Hausarbeit, Paarkonflikte. Ein erster Blick in »FReDA – Das familiendemografische Panel«. Bevölkerungsforschung Aktuell 1/2023: 3–8. Wir veröffentlichen ihn hier mit freundlicher Genehmigung des BiB.

Förderkennzeichen 01UW2001A

Literatur

Bujard, Martin, Gummer, Tobias, Hank, Karsten, Neyer, Franz J., Pollak, Reinhard, Schneider, Norbert F., Spieß, C. Katharina, Wolf, Christof, Bauer, Irina, & Weih, Ulrich (2022). FReDA – The German Family Demography Panel Study. GESIS: Cologne. ZA7777 Data File Version 1.0.0. http://dx.doi.org/10.4232/1.13745 

Gummer, Tobias, Schmiedeberg, Claudia, Bujard, Martin, Christmann, Pablo, Hank, Karsten, Kunz, Tanja, Lück, Detlev, & Neyer, Franz J. (2020). The impact of Covid-19 on fieldwork efforts and planning in pairfam and FReDA-GGS. In: Survey Research Methods 14 (2): 223–227.

Schneider, Norbert F., Bujard, Martin, Wolf, Christof, Gummer, Tobias, Hank, Karsten, & Neyer, Franz J. (2021). Family Research and Demographic Analysis (FReDA): Evolution, Framework, Objectives, and Design of »The German Family Demography Panel Study«. In Comparative Population Studies 46. https://doi.org/10.12765/CPoS-2021-06 

 

Alle Links und Literaturangaben beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.

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Veröffentlichungsdatum

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Detlev Lück, Lena C. Frembs, Martin Bujard und UIlrich Weih sind Mitarbeitende im BiB und Teil des Projektteams, das die Studie FReDA verantwortet.

Kontakt:
detlev.lueck(at)bib.bund.de 

 

Alle Links und Autorenangaben beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.

 

Herausgebende Institution

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FORUM 1–2023

Forschung

Diese Ausgabe des FORUM stellt 13 aktuelle Forschungsprojekte und 7 Projektskizzen im Themenfeld sexuelle und reproduktive Gesundheit und sexuelle Rechte vor. Alle 20 Beiträge können unter "Artikel der Publikation" einzeln abgerufen und heruntergeladen werden.

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