Das EU-Projekt »PERCH«: Gemeinsam gegen HPV-bedingten Krebs
Infektionen mit Humanen Papillomviren (HPV) gehören weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Es wird angenommen, dass sich die meisten sexuell aktiven Menschen im Laufe des Lebens einmal oder mehrmals mit HP-Viren infizieren. Oft geschieht dies in den ersten Jahren der sexuellen Aktivität.
Es gibt über 200 verschiedene HP-Virustypen, wobei zwischen Niedrigrisiko-Virustypen und Hochrisiko-Virustypen unterschieden wird. HP-Viren des Niedrigrisiko-Typs können unangenehme, aber in der Regel ungefährliche Feigwarzen an den Genitalien, am Anus und seltener auch im Mund hervorrufen. Diese sind jedoch hoch ansteckend. HPV-Infektionen des Hochrisiko-Typs bleiben in etwa 10 % der Fälle dauerhaft bestehen. Diese persistenten Infektionen können zu Zellveränderungen und anschließend zu Krebs führen. Neben Gebärmutterhalskrebs können HP-Viren Mund-Rachen-Tumore, Krebs an der Vagina oder Vulva, Anal- oder Peniskarzinome auslösen. Eine Impfung senkt das Risiko für HPV-bedingte Krebsarten deutlich. Trotzdem sind die Impfquoten in vielen Ländern noch zu niedrig, auch in Deutschland, wo die HPV-Impfung für Mädchen seit 2007 und für Jungen seit 2018 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen wird. Im Jahr 2021 waren deutschlandweit lediglich 54 % der 15-jährigen Mädchen und 26,5 % der 15-jährigen Jungen vollständig gegen HPV geimpft. Die Impfquoten (vollständige Impfung) für Mädchen variieren in Europa für das Jahr 2020 zwischen weniger als 5 % und mehr als 90 %. Es gilt, diese Impflücke zu schließen.
Das »PERCH«-Projekt (PartnERship to Contrast HPV) möchte dazu einen Beitrag leisten, mit speziellem Fokus auf Regionen mit geringer Impfabdeckung.
Projektbeschreibung
Am »PERCH«-Projekt beteiligen sich 18 europäische Länder mit 34 Partnerorganisationen. Die Laufzeit beträgt 30 Monate, vom 1. November 2022 bis 30. April 2025. Die Projektleitung erfolgt durch das Istituto Superiore di Sanita (ISS) in Rom.
»PERCH« hat vier Ziele, um HPV-bedingte Krebserkrankungen zu verhindern:
- Wissens- und Erfahrungsaustausch sollen dazu führen, dass EU-Mitgliedsstaaten breiter aufgestellt sind, um HPV-Impfkampagnen zu planen und durchzuführen.
- Daten- und Monitoring-Systeme zu HPV-Impfungen und -Screenings sollen verbessert werden.
- Wissen und Aufmerksamkeit zu HPV-bedingten Erkrankungen und zielgruppenspezifische Prävention, zum Beispiel für Mädchen und Jungen/Jugendliche, sollen gefördert werden.
- Medizinisches Fachpersonal soll durch Fortbildungen und Materialien bei der Kommunikation zu Impfungen unterstützt werden.
Die Ziele werden in sieben Arbeitspaketen (AP) bearbeitet:
AP 1: Projektmanagement und -koordination
Sicherstellung des koordinierten Ablaufs der Joint Action
AP 2: Kommunikation und Verbreitung der Ergebnisse
Sicherstellung einer koordinierten multimedialen Kommunikation in den einzelnen Phasen der Joint Action.
AP 3: Evaluation des »PERCH«-Projekts
Überprüfung der Fortschritte der Joint Action und ob die festgelegten Ziele erreicht werden. Diese werden mittels Prozess- und Ergebnisindikatoren operationalisiert.
AP 4: Integration und Nachhaltigkeit
Es werden Bedingungen erarbeitet, die zur Erreichung und Aufrechterhaltung einer hohen HPV-Impfquote beitragen. Dazu erfolgt zunächst eine Situationsanalyse über Strukturen, Abläufe und Gegebenheiten in den einzelnen Ländern. Unter Einbeziehung eines Governmental Advisory Boards werden Strategien zur Erhöhung der HPV-Impfquoten diskutiert und Pilotprojekte und Impfkampagnen aufgesetzt und evaluiert. Zudem werden systematische Literaturreviews zu den folgenden Themen durchgeführt: HPV-Impfung bei Männern, HPV-Ein-Dosis-Impfschema, HPV-Impfungen bei Erwachsenen, Effektivität von Interventionen zur Erhöhung der HPV-Impfquoten. Weiterhin werden in diesem Arbeitspaket die aktuellen Kosten der HPV-Impfstoffe in Europa erfasst.
AP 5: Monitoring
Beschreibung, wie die HPV-Impfung in den teilnehmenden Ländern dokumentiert wird. Erarbeitung von möglichen Systemen, um präzise Impfquoten in der Bevölkerung zu erfassen.
AP 6: Verbesserung des Wissens zu HPV und zur HPV-Impfung/Steigerung der Aufmerksamkeit für die HPV-Impfung und der Impfakzeptanz
Erfassung von Vorbehalten und Bedenken gegenüber der HPV-Impfung bei Eltern, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern. Es wird eine Toolbox erstellt, die bereits bestehende Maßnahmen für die oben genannten Zielgruppen beinhaltet sowie ggf. Planungen für weitere Maßnahmen. Tools können z. B. Broschüren, Videos oder Arbeitsblätter sein. Es wird eine Evaluation einzelner Tools erfolgen. Weiterhin werden in den einzelnen Ländern Runde Tische mit verschiedenen Stakeholdern organisiert.
AP 7: Schulung und Unterstützung für medizinisches Fachpersonal bei der Kommunikation über Impfungen, speziell die HPV-Impfung
Zunächst werden die Strukturen und Fortbildungsbedarfe von Ärztinnen und Ärzten, medizinischen Fachangestellten und weiteren health care professionals zu Impfungen generell und der HPV-Impfung im Speziellen erfasst. Darauf aufbauend wird ein Fortbildungs-Curriculum erarbeitet, welches als »Checkliste« für die Planung und Durchführung von Schulungen in den einzelnen Ländern dienen kann. Dieses wird auch ausgewählte Materialien als Beispiele enthalten. Ziel ist, dass Fachkräfte sich sicher in der Impfkommunikation fühlen, auch in schwierigen Gesprächssituationen, und eine umfassende und zielgruppenspezifische Beratung gestärkt wird. Der Erfolg der Trainings wird evaluiert.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung leitet das Arbeitspaket 7. Dessen Durchführung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut und den weiteren an diesem Arbeitspaket beteiligten Institutionen.
Literatur
Robert Koch-Institut (2018). Ratgeber Humane Papillomviren. URL: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HPV.html
Robert Koch-Institut (2022). Impfquoten von Kinderschutzimpfungen in Deutschland. Epidemiologisches Bulletin 48 vom 1. Dezember 2022. URL: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/Ausgaben/48_22.pdf?__blob=publicationFile
Bruni L, Serrano B (2022). Putting HPV on the Map: The State of HPV Prevention Programmes in the WHO European Region. European Cancer Organisation. Brussels
Projektwebseite PERCH, URL: https://www.projectperch.eu
Unterseite zu PERCH bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung; Initiative LIEBESLEBEN. URL: https://www.liebesleben.de/fachkraefte/studien-standard-qualitaetssicherung/perch/
Alle Links und Literaturangaben beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.
Zitation
Gerlich, M., & Kerst, A. (2023). Das EU-Projekt »PERCH«: Gemeinsam gegen HPV-bedingten Krebs, FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung: Informationsdienst der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 1, 100–102.
Veröffentlichungsdatum
Dr. Miriam Gerlich und Dr. Ariane Kerst sind wissenschaftliche Referentinnen im Referat T3 - Sexuelle Gesundheit, Prävention von HIV und anderen STI der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Kontakt:
perchWP7(at)bzga.de
Alle Links und Autorenangaben beziehen sich auf das Erscheinungsdatum der jeweiligen Druckausgabe und werden nicht aktualisiert.
Herausgebende Institution
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Artikel der Gesamtausgabe
- Geschlechterrollen, Hausarbeit, Paarkonflikte. Ein erster Blick in „FReDA – das familiendemografische Panel"
- Die Sicht der Eltern auf die Sexualaufklärung ihrer Kinder
- Ungewollte Schwangerschaften im Lebenslauf – Ergebnisse der Studie „frauen leben 3“
- Reproduktionspolitik im Ländervergleich: Eine neue internationale Datenbank
- Pioneering Change: ANSER's Impact Linking Research and Policy on Sexual and Reproductive Health
- Online-Videos zum Schwangerschaftsabbruch: Anbieter, Botschaften und Publikumsreaktionen
- KisS: Ein Programm zur Vermeidung sexueller Aggression bei jungen Erwachsenen
- Sexualisierte Gewalt in der Jugendphase − ein Vergleich dreier repräsentativer Studien
- „Wie geht’s euch?“ Psychosoziale Gesundheit und Wohlbefinden von LSBTIQ*
- Erfahrungen mit §219-Beratung per Telefon oder Video. Sichtweisen von Klientinnen
- Relevanz der sexuellen Rechte in der familiären und schulischen Sexualaufklärung der Schweiz
- Schulische Sexualerziehung aus Adressat*innenperspektive
- Erschwerter Zugang zu Verhütung in den Asylzentren: Perspektiven von geflüchteten Frauen in der Schweiz
- Die EMSA-Studie – Erstes Mal, Menstruation und Schwangerschaftsabbruch in Sozialen Medien
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