Jung ist alt: Shell Jugendstudie wird 71
19. Shell Jugendstudie
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Nicht nur, aber auch aufgrund dieser langen Tradition weist die Shell Jugendstudie in Deutschland eine weitere Besonderheit auf: Sie wird nicht nur in der Wissenschaft oder in weiteren akademisch interessierten Kreisen wahrgenommen, sondern findet Widerhall in breiten gesellschaftlichen Schichten. Dieser Widerhall spiegelt sich nicht zuletzt auch darin, dass Auszüge aus den Shell Jugendstudien über Jahrzehnte hinweg immer wieder in vielen Schulbüchern im sozialkundlichen Bereich verwendet wurden. Es wird nur wenige Schülerinnen oder Schüler in der Sekundarstufe geben, die nicht wenigstens einmal in ihrer Schullaufbahn damit in Berührung kamen.
Selbstverständlich entwickeln und verändern sich Dinge im Laufe der Jahrzehnte. Außer dem Anspruch, Aufschluss über Lebenslagen und Einstellungen junger Menschen in Deutschland zu erhalten, haben die Studien aus den 1950er-Jahren etwa mit der nunmehr erscheinenden ersten Studie aus dem dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts nach Inhalt, Umfang und Aussehen nur wenig gemeinsam. Nichtsdestotrotz überwiegt insbesondere in den letzten Jahrzehnten die Kontinuität: Viele der für die Studie durchgeführten repräsentativen Umfragen lassen Zeitreihen bis zurück in die 1980er-Jahre zu. Darüber hinaus ist die Studie seit 2002 konsequent als Trendstudie angelegt.
Vermessung langfristiger Veränderungen
Die Anlage als Trendstudie hat den Vorteil, langfristigen Veränderungen nachspüren zu können. Sie ergänzt sich daher mit Studien, die eher auf die Vermessung kurzfristigerer Veränderungen angelegt sind. Da die 18. Shell Jugendstudie kurz vor dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie erschien, wird daher in der 19. Studie mit Spannung zu erwarten sein, ob die in der Pandemie in vielen Bereichen sichtbaren Auswirkungen auf junge Menschen auch zu nennenswerten Veränderungen in langfristig stabileren Mustern wie etwa bei den Wertorientierungen geführt haben. Oder aber Fragen in Bezug auf Krieg oder Klimawandel: Als nahezu sicher kann gelten, dass sich hier in den letzten fünf Jahren Einstellungen und Ängste der Jugendlichen in Deutschland geändert haben. Es lohnt sich hier dann jedoch der gesonderte Blick, ob und inwieweit es hier etwa auch zu Auswirkungen bei den ansonsten eher langfristig »trägen« Trends bei politischem Interesse und politischem Engagement Jugendlicher kommt.
Gerade der Blick auf längerfristige Trends macht eine besondere Stärke der Shell Jugendstudie aus. Er hilft dabei, kurzfristige (als solche aber nicht unwichtige) Entwicklungen in einen größeren Rahmen einzuordnen. Dabei gilt es jedoch auch immer zu beachten, wie sich Unterschiede in den Lebenslagen der Jugendlichen in Deutschland verändern. In welchen Bereichen spielen etwa Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder Unterschiede nach Wohnort (Ost – West; Stadt – Land) eine größere oder eine kleinere Rolle? Wie verhält es sich mit den Unterschieden nach sozialer Herkunft, die bislang in vielen Bereichen alle anderen Unterschiede überlagerten, wenn es um Lebenslagen und Einstellungen junger Menschen ging?
Die 19. Shell Jugendstudie
Die 19. Shell Jugendstudie geht diesen Fragen nach. Sie setzt sich unter anderem mit dem Demokratieverständnis und dem politischen Interesse sowie den Wertorientierungen der Jugendlichen auseinander. Darüber hinaus fragt sie nach der beruflichen Orientierung sowie der Bildungssituation Jugendlicher, nach deren Freizeitgestaltung und der Nutzung von Internet bzw. sozialen Medien. Datengrundlage der Studie ist dabei einerseits eine fragebogengestützte repräsentative Befragung von Jugendlichen in Deutschland. Andererseits werden ergänzend hierzu vertiefende Interviews mit einer Reihe von Jugendlichen geführt.
Die 19. Shell Jugendstudie wird von einem Team aus den Wissenschaftlern Prof. Dr. Mathias Albert (Leitung), Prof. Dr. Gudrun Quenzel sowie Prof. Dr. Frederick de Moll und dem demoskopischen Institut Verian (ehemals Kantar Public) mit Ingo Leven, Sophia McDonnell, Anna Rysina, Sabine Wolfert und Ulrich Schneekloth erstellt. Sie wird im Oktober 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt und erscheint im Beltz-Verlag, Weinheim.
Zitation
Albert, M. (2024). Jung ist alt: Shell Jugendstudie wird 71. FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung: Informationsdienst der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 1, 94–95.
Veröffentlichungsdatum
Mathias Albert, Prof. Dr., Professor für Politikwissenschaft, Universität Bielefeld, Arbeitsschwerpunkte: Jugendforschung, Geschichte und Soziologie der Weltpolitik
Kontakt: mathias.albert(at)uni-bielefeld.de
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Herausgebende Institution
Artikel der Gesamtausgabe
- Wer sind »die 14- bis 17-jährigen Jugendlichen«?
- Krieg, Pandemie und Zukunft: Was Jugendliche bewegt
- Mädchen in der Krise – Wertewandel bei der Familienplanung
- Diskriminierung von Jugendlichen an Schulen. Ergebnisse aus »ICCS 2022«
- Lebenslagen, Wohlbefinden und Perspektiven Jugendlicher in Deutschland und Frankreich
- Was beschäftigt Jugendliche?
- Nackt im Netz – Porno, Sexting, Missbrauch
- Jugend online
- Kinder- und Jugendarmut in Deutschland
- Prävention psychischer Belastungen und Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter
- Macht Diskriminierung krank? Die psychische Gesundheit von LSBTQI*-Menschen
- LIEBESLEBEN-Beratung zum Schutz vor Konversionsbehandlungen
- Fortbildungsnetz sG: Qualität sichtbar machen
- Jung ist alt: Shell Jugendstudie wird 71
- Eine repräsentative Wiederholungsbefragung zum Sexual- und Verhütungsverhalten junger Menschen in Deutschland
- Jugendliche gegen sexualisierte Gewalt unter Jugendlichen stark machen
- Selbstorganisiertes Lernen für Fachkräfte mit Waschtasche, Handgepäck und großem Reisekoffer