Seit Jahrzehnten werden vermehrt Vorfälle sexualisierter Gewalt in Deutschland bekannt, die sich in verschiedenen Kontexten und Institutionen ereignet haben. Betroffene sind Erwachsene, die in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erleiden mussten, aber auch Kinder und Jugendliche. Kinder sind besonders auf präventive Strukturen, aufmerksame Erwachsene und Maßnahmen angewiesen, die Schutz bieten, und sie über ihre Rechte – insbesondere auf körperliche Unversehrtheit und Hilfe – aufklären und sie darin bestärken, sich jemandem anzuvertrauen. Jugendliche erfahren sexualisierte Gewalt nicht nur durch Erwachsene in ihrem Nahfeld, sondern auch durch Gleichaltrige, in der Schule, am Arbeitsplatz, im öffentlichen Raum, auf Partys, im Internet oder in
(Ex-)Beziehungen. Das bedeutet für die Konzeption präventiver Maßnahmen, verstärkt auch die Lebenswelten und Perspektiven der Jugendlichen in den Blick zu nehmen und ihre Handlungskompetenz und Fähigkeiten zum (Selbst-)Schutz zu stärken.
Als ein Baustein innerhalb der Strategie der Bundesregierung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt und Ausbeutung setzt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gemeinsam mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) seit 2012 die bundesweite Initiative „Trau dich!“ zur Prävention von sexuellem Kindesmiss brauch um. Die Initiative richtet sich an 8–12-jährige Kinder, Eltern und pädagogisches Fachpersonal und vermittelt Wissen sowie Handlungssicherheit durch ein interaktives und mediales Theaterstück mit entsprechenden Begleitveranstaltun gen für Eltern und pädagogische Fachkräfte. Über die Initiative hinaus entwickelt die BZgA Medien und Maßnahmen zur Qualifizierung von Fachkräften, fördert die Kooperation und Vernetzung von Akteurinnen und Akteuren im Themenfeld und unterstützt den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Ziel ist es, vorhan dene Erkenntnisse aus relevanten Studien und Forschungsprojekten so aufzube reiten, dass sie für die Fachpraxis nutzbar sind.
Die vorliegende Expertise wurde von der BZgA im Rahmen von „Trau dich!“ aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in Auftrag gegeben, um aktuell verfügbare Forschungsergebnisse im Themenfeld der Prävention sexualisierter Gewalt bei Jugendlichen den Stakeholdern aus Wissenschaft und Praxis zugänglich zu machen. Die Expertise berück sichtigt primär nationale Forschungsergebnisse, die unter anderem in der ersten und zweiten Förderlinie zur Forschung zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entstanden sind und die bis Ende des Jahres 2020 vor lagen. Etwaige Forschungslücken werden durch Erkenntnisse aus internationalen Studien aufgearbeitet.
Die Expertise bietet einen umfassenden Überblick über den aktuellen Status quo wissenschaftlicher Erkenntnisse, die zum einen für weitere Forschungsvorhaben genutzt werden können. Zum anderen werden auf Grundlage dieser Erkenntnisse Handlungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet und bieten somit wissenschaftlich fundierte und hilfreiche Erkenntnisse für Fachkräfte in der Praxis.