Familienplanung in Sachsen
frauen leben 3 - Familienplanung im Lebenslauf von Frauen
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In Sachsen wurden im Jahr 2012 mit einer Zufallsstichprobe von 1.000 Frauen im Alter von 20- bis 44 Jahren telefonisch mit einem standardisierten Fragebogen befragt. Die Befragten sind zwischen 1968 und 1992 geboren. Nur einige wenige Geburten oder Schwangerschaftsabbrüche, über die im Rückblick Angaben gemacht wurden, fallen in die Zeit vor der Wende. In der Stichprobe sind Kinderlose und Frauen mit einer niedrigen Bildung etwas unterrepräsentiert.
Einige Eckdaten zu sozialen Merkmalen der Befragten
- Nur 5,2 Prozent der Befragten haben eine niedrige Qualifikation, 34,4 Prozent sind auf der höchsten Stufe der 4-stufigen Skala eingeordnet.
- Der Anteil an vollerwerbstätigen Frauen ist hoch (45,7 %), nur etwa ein Viertel ist nicht oder bis zu 14 Stunden pro Woche erwerbstätig.
- Der Anteil an arbeitslosen Frauen (21,5 %) innerhalb der Gruppe der nicht bzw. geringfügig Beschäftigten ist hoch, dafür ist der Anteil an Hausfrauen innerhalb dieser Kategorie niedrig (17,7 %).
- 43,3 % geben ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 2.000 € an; der Anteil von Frauen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 3.000 € und mehr ist gering. Der SGBII-Bezug ist hoch (7,8 %).
- Der Anteil an Konfessionslosen ist hoch (59,6 %).
- Der Anteil an Frauen mit Migrationshintergrund ist niedrig (5,3 %).
Einstellungen zu Familie und Erwerbstätigkeit
- Frauen in Sachsen sind kinder- und gleichzeitig erwerbsorientiert.
- 15,3 Prozent sehen die Vollzeiterwerbstätigkeit als Ideal an, wenn die Kinder klein sind. Jede Zweite hält es für ideal, in dieser Phase die Erwerbstätigkeit zu reduzieren. Teilzeit- und Vollzeiterwerbstätigkeit von Müttern ist akzeptiert. Mehrheitsmeinung ist auch, dass Väter kleiner Kinder ihre Erwerbstätigkeit nicht reduzieren.
Familie im Lebenslauf
- Im Ländervergleich bekamen Frauen in Sachsen in jüngerem Alter ihr erstes Kind. Auf eine frühe Familiengründung folgte ein längerer Geburtenabstand.
- Mehr als jede zweite Mutter in Sachsen war bei der Geburt des ersten Kindes nicht verheiratet. Zwei von fünf Müttern, die zum Zeitpunkt der Geburt nicht verheiratet waren, heirateten erst nach dem ersten Kind.
- Zwei Fünftel der 35- bis 44-jährigen Frauen haben zwei Kinder, aber bei fast einem Drittel der Frauen bleibt es (bislang) bei nur einem Kind. 8,6 Prozent der 35- bis 44-jährigen Frauen in Sachsen sind kinderlos.
- Je jünger die Mütter bei der ersten Geburt waren, desto niedriger ist ihre aktuelle Qualifikation und desto schlechter ist ihre aktuelle finanzielle Situation. Es bleibt dabei offen, ob die niedrige Bildung und das niedrige Einkommen Ursache oder Folge früher Mutterschaft war.
- Finanziell am besten gestellt sind die verheirateten Frauen ohne Kind. Alleinerziehende Mütter bewerten ihre finanzielle Situation am häufigsten als negativ.
Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit in der Partnerschaft
- Mütter von Kindern unter elf Jahren sind jeweils zu einem Drittel Teil- oder Vollzeit beschäftigt und die Partner arbeiten in der Regel Vollzeit. Frauen in einer negativen finanziellen Situation sind am häufigsten nicht erwerbstätig, wenn kleine Kinder zu versorgen sind, und nur jede Sechste arbeitet Vollzeit.
- Kinderlose Paare sind häufiger egalitär in der Aufteilung der Hausarbeit vergleichen mit Partnerschaften mit (kleinen) Kindern. Es gibt dabei keine Unterschiede nach Bildung oder finanzieller Situation der Befragten.
Kinderwunsch und Gründe gegen (weitere) Kinder
- Weniger als ein Zehntel der kinderlosen Frauen spricht sich gegen Kinder aus.
- Die große Mehrheit der Mütter, die bereits zwei oder mehr Kinder haben, will kein weiteres Kind. Aber auch die Mehrheit der Mütter, die ein Kind haben, hat die Familienplanung bereits abgeschlossen.
- Gründe gegen ein zweites Kind sind neben dem Alter eine Erwerbstätigkeit im Umfang von 15 Stunden oder mehr in der Woche.
- Hauptgründe für den Aufschub des Kinderwunsches oder eine unentschiedene oder ablehnende Haltung gegenüber (weiteren) Kindern sind bei jüngeren, kinderlosen Frauen vor allem eine fehlende berufliche und finanzielle Konsolidierung und eine schwierige Partnerschaftssituation und bei den Müttern mit zwei oder mehr Kindern das Alter und die abgeschlossene Familienplanung.
Ungewollte Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüche
- Ein Drittel der Befragten war mindestens einmal im Leben unbeabsichtigt schwanger (Berechnung auf Frauen).
- Jede dritte aller im Leben der Befragten eingetretenen Schwangerschaften war unbeabsichtigt und, darin enthalten, etwa jede Sechste ungewollt eingetreten (Berechnung auf Schwangerschaften).
- Zwei von drei ungewollten Schwangerschaften wurden ausgetragen.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass eine eingetretene Schwangerschaft ungewollt war, ist abhängig vom Alter bei dem Eintritt der Schwangerschaft und von der Lebenssituation.
- Der wichtigste Grund eine ungewollte Schwangerschaft abzubrechen, sind gesundheitliche Bedenken, dicht gefolgt von einer beruflichen oder finanziellen Unsicherheit.
Verhütung
- Die Pille ist das am häufigsten angewendete Verhütungsmittel, gefolgt von Kondomen und Spirale. Die Pille verliert – und die Spirale gewinnt mit zunehmendem Alter der Frauen an Bedeutung.
- Der "nicht gedeckte Verhütungsbedarf" (Anteil heterosexuell aktiver Frauen, die keinen Kinderwunsch haben und nicht verhüten) ist mit 3,3 Prozent gering.
- Mehr als ein Viertel der Frauen, die aktuell staatliche Unterstützungsleistungen beziehen, hat schon einmal aus Kostengründen auf Pille und Spirale verzichtet. Bei denen, die ihre aktuelle finanzielle Situation als (sehr) gut bezeichnen, sind es nur 6,1 Prozent.
- Knapp ein Zehntel der Frauen hat schon einmal die Pille danach verwendet.
Bilanz im Ländervergleich
Sachsen zeigt die höchste Kinderorientierung im Ländervergleich (höchste Zustimmung beim Item: "Ich wollte schon immer Kinder haben", niedrigste Zustimmung beim Item "Man kann auch ohne Kinder glücklich werden" und: Frauen in Sachsen sind am seltensten kinderlos). Außerdem sprachen sich die Befragten häufiger für eine junge Mutterschaft aus und waren bei der Geburt ihres ersten Kindes am jüngsten. Dennoch hatten sie unter den Müttern am häufigsten nur ein Kind. Wenn es doch zur Familienerweiterung kam, schoben sie die Geburt eines zweiten Kindes länger auf (vor allem wenn das erste Kind vor der Wende geboren war).
Die hohe Kinderorientierung geht, anders als in Baden-Württemberg und Niedersachsen, mit einer höheren Erwerbsorientierung einher. Frauen in Sachsen stimmen den konservativen Leititems besonders selten zu. Sie präferieren Aussagen mit einer Akzeptanz der Teilzeit- und Vollzeiterwerbstätigkeit von Müttern und befürworten stärker, dass der Mann die Erwerbstätigkeit nicht reduziert. Dieser Unterschied findet sich auch in der Alltagspraxis: In Sachsen (wie auch in Berlin) ist der Anteil der Mütter, die voll erwerbstätig sind, deutlich höher und der Anteil derer, die geringfügig beschäftigt sind, gering. Und sowohl die Geschlechtervorstellungen als auch die entsprechende Praxis sind im Sinne einer stärkeren Orientierung an einer gleichen Aufteilung der Familienarbeit egalitärer – nicht absolut, aber im Vergleich mit den anderen Bundesländern. Und auch in Sachsen hinkt die Praxis den Einstellungen hinterher.
Im Gegensatz zu den beiden westdeutschen Bundesländern weist Sachsen (wie Berlin) eine niedrige Eheorientierung auf. Frauen in Sachsen leben häufiger in nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern und es gibt einen hohen Anteil nicht ehelicher Geburten.
Die Schwangerschaftsabbrüche lagen im Ländervergleich seltener vor der (möglichen) Geburt des ersten Kindes auch wenn die Hälfte aller Schwangerschaftsabbrüche dazu diente, die Familiengründung aufzuschieben. Der starke Aufschub der ersten Geburt bis zu dem Zeitpunkt zu dem in allen Lebensbereichen eine Konsolidierung eingetreten ist, findet sich in Sachsen nicht in gleichem Maß wie in den anderen Bundesländern statt. Der höhere Anteil an Frauen, die das erste Kind in einer beruflich nicht konsolidierten Situation bekommen hatten, kann mit der DDR-Tradition einer Vereinbarkeit von Kind und Ausbildung und einer besser ausgebauten institutionellen Kinderbetreuung zusammenhängen. Wenn auch abgeschwächt, finden sich Unterschiede zu den West-Bundesländern aber auch noch in der Nach-Wende- Generation.
Im Ländervergleich geben die Frauen aus Sachsen am seltensten an, jemals die 'Pille danach' verwendet zu haben, ansonsten gibt es keine Länderspezifika bei der Verhütung.
Quelle
BZgA, Datensatz „frauen leben 3“, 2012, 20- bis 44-jährige Frauen in Sachsen