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Forschungsergebnisse

Jugendsexualität 2010

Schwerpunkt Migration

Cover zu Jugendsexualität
Im Frühjahr/Sommer 2009 wurde zum siebten Mal im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) eine großangelegte Studie unter 14- bis 17-jährigen Jugendlichen und ihren Eltern durchgeführt. In der Darstellung der aktuellen Daten und im Vergleich zur vorherigen Messung im Jahr 2005 liegt der Schwerpunkt auf dem Vergleich der Jugendlichen deutscher Staatsangehörigkeit einerseits und der Jugendlichen mit Migrationshintergrund andererseits. Die Langzeittrends beziehen sich ausschließlich auf Jugendliche deutscher Staatsangehörigkeit, da nur zu diesen ein langjähriger Trend vorliegt.

Seit fast 30 Jahren analysiert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Einstellungen und Verhaltensweisen von Jugendlichen in Bezug auf Aufklärung, Sexualität und Verhütung – die erste Studie fand 1980 statt, "Jugendsexualität 2010" ist die siebte Studie der Trendreihe. Befragt wurden 2.810 Jugendliche deutscher Staatsangehörigkeit im Alter zwischen 14 und 17 sowie deren Eltern.

Zusätzlich wurden 732 Jungen und Mädchen mit ausländischer Staatsangehörigkeit befragt, die zusammen mit Jugendlichen aus der Hauptstichprobe, die – bei deutscher Staatsangehörigkeit – einen Migrationshintergrund aufwiesen, als Stichprobe "Jugendliche mit Migrationshintergrund" separat ausgewertet wurden.

Ausgewählte Ergebnisse der Studie werden in den nachfolgenden Themenblöcken vorgestellt.

 

 

Sexualaufklärung und Beratung

Abbildung 1

Der Langzeittrend zeigt, dass die großen Veränderungen vor der Jahrtausendwende stattgefunden haben. Am bedeutsamsten war der Sprung von 1980 auf 1994: Innerhalb dieser knapp 15 Jahre hatte sich der Anteil der Jugendlichen, die elterliche Beratung zum Thema Verhütung erfuhren, stark erhöht, bei den Jungen sogar nahezu verdoppelt. Im weiteren Verlauf war dann ein langsamerer, aber kontinuierlicher Anstieg der Zahlen zu beobachten, bei den Mädchen innerhalb von 7 Jahren nochmals um insgesamt 12 Prozentpunkte auf den Maximalwert von 72 Prozent im Jahre 2001. Bei den Jungen war der "Peak" erst in der nachfolgenden Messung mit 60 Prozent erreicht: Zunahme von insgesamt plus 14 Prozentpunkten im Zeitraum 1994 bis 2005. Seither stagnieren die Anteile in etwa auf diesem hohen Niveau. Die aktuellen Zahlen liegen zwar um 3 resp. 2 Prozentpunkte unter dem jeweils höchsten gemessenen Wert, eine ausgesprochene Trendwende ist daraus aber bisher nicht ableitbar.

Während die neunziger Jahre von größeren Geschlechterdifferenzen geprägt waren – die Verhütungsberatung der Mädchen wurde in dieser Zeit stärker vorangetrieben als die der Jungen – verringerte sich der Abstand 2005 auf 10 Prozentpunkte. Diese Spanne ist seit der letzten Messung fast unverändert geblieben (heute 11 Punkte Differenz).

Besuch bei Frauenarzt/Frauenärztin: 4 -Jahres-Trend - Vergleich zur vorherigen Messung

Die 15, 16 und 17 Jahre alten Mädchen deutscher Nationalität geben heute in etwa genauso häufig an wie vor vier Jahren, bereits eine Frauenarztpraxis besucht zu haben. Unter den 14-jährigen ist eine Zunahme zu verzeichnen: In dieser Altersgruppe stieg der Anteil um 6 Prozentpunkte von 28 Prozent auf 34 Prozent.

Eine Trendentwicklung, die die Mädchen mit Migrationshintergrund ebenfalls vollzogen haben; auch bei ihnen hat sich der Anteil unter den 14 Jahre alten Mädchen um 7 Prozentpunkte erhöht. Anders als bei den Mädchen deutscher Staatsangehörigkeit hat sich aber auch bei den 17-Jährigen eine Veränderung ergeben. Ebenfalls um 7 Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren bejahen heute im Alter von 17 Jahren einen Frauenarztbesuch. Mit einem aktuellen Anteil von 83 Prozent haben die Mädchen mit Migrationshintergrund in dieser Altersgruppe nunmehr mit den Mädchen deutscher Staatsangehörigkeit gleichgezogen.

Für insgesamt etwa die Hälfte der Mädchen deutscher Staatsangehörigkeit und ein knappes Drittel der Mädchen mit Migrationshintergrund war der Wunsch, mehr zum Thema Verhütung zu erfahren (und/oder sich ein Verhütungsmittel verschreiben zu lassen) Anlass, eine gynäkologische Praxis aufzusuchen. Es macht jedoch mehr Sinn, die Antworten der sexuell erfahrenen und der sexuell unerfahrenen Mädchen separat zu betrachten, da sich deren Motivationen für den Erstbesuch stark unterscheiden.

Medien als Quellen der Sexualaufklärung:  Präferierte Medien im Vergleich

Wenn es um das Füllen subjektiv empfundener Wissenslücken rund um das Thema Sexualität geht,werden die zur Wahl gestellten Aufklärungsmedien von Mädchen und Jungen teilweise sehr unterschiedlich stark präferiert. Während für Mädchen nach wie vor Printmedien die bedeutendste Rolle spielen, führt für Jungen kein Weg mehr am Internet vorbei.

Bei den Mädchen sticht keine der Informationsquellen als einzelne heraus, deutlich ist jedoch das Übergewicht der Printmedien: Mit 36 Prozent (deutsch) bzw. sogar 39% (Migrationshintergrund) vertrauen weibliche Befragte am häufigsten auf Jugendzeitschriften, wenn sie sich über sexuelle Themen informieren wollen. Lediglich zwei weitere Medien – ebenfalls Print-Publikationen – erreichen ähnliche Größenordnungen: kostenlose Aufklärungsbroschüren (36% bzw. 33%) und Bücher (34% bzw. 36%). Das Internet stellt für die weiblichen Befragten nur ein Informationsmedium unter vielen dar. Mit 27% (deutsch) bzw. 31% (Migrationshintergrund) erreicht es lediglich den vierten Rang unter den am meisten präferierten Aufklärungsmedien.

Jungen richten ihr Hauptaugenmerk sehr stark auf das Internet – keines der zur Auswahl stehenden Medien wurde von ihnen häufiger genannt. Bei Jungen mit Migrationshintergrund ist die Sonderstellung des Internets am deutlichsten erkennbar: 46 Prozent von ihnen würden sich am liebsten online über Sexualität und Verhütung informieren, unter den Jungen mit deutscher Staatsangehörigkeit sind es immerhin 36 Prozent. Die drei meistgenannten Informationsquellen der Mädchen stoßen bei den männlichen Befragten indes auf generell niedrigeres Interesse: Mit einigem Abstand zu den Onlineangeboten werden Jugendzeitschriften von Jungen am zweithäufigsten genannt (deutsch: 26%, Migrationshintergrund: 28%). Auf ähnlichem Niveau liegen Aufklärungsbroschüren (24% bzw. 27%) und Bücher (24% bzw. 22%).

Illustrierte bzw. Zeitungen, Fernsehfilme, Videokassetten bzw. DVDs sowie öffentliche Vorträge spielen in der Frage nach den präferierten Medien zur Aneignung fehlender Kenntnisse im Bereich Sexualität in der Regel etwas untergeordnete Rollen – sie werden jeweils von maximal ungefähr einem Fünftel der Jugendlichen angegeben.

Das Antwortverhalten der Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund ist generell recht homogen. Herkunftsunterschiede sind bei den Jungen zum einen hinsichtlich des Interesses am Internet als Informationsmedium über sexuelle Themen feststellbar: Für Jungen aus Migrantenfamilien ist dies noch stärker als bei Jungen deutscher Nationalität das mit Abstand präferierte Medium. Ebenso auffällig ist zum anderen das vergleichsweise große Interesse der Jungen mit Migrationshintergrund an Videokassetten bzw. DVDs zu diesem Thema (22%) – bei deutschen Jungen wird dieses Medium nur halb so häufig angeführt (10%) und auch bei den Mädchen sind Videokassetten und DVDs nur selten relevant (deutsch: 8%, Migrationshintergrund: 11%).

 

 

Erfahrungen im sexuellen Bereich

Abbildung 2

Während sich die Anteile der sexuell erfahrenen Mädchen mit Migrationshintergrund innerhalb des Zeitraumes von vier Jahren so gut wie gar nicht verändert haben, ist bei den Mädchen deutscher Staatsangehörigkeit eine insgesamt rückläufige Tendenz festzustellen. Im Schnitt (insgesamt) macht sich dieser Trend mit 2 Prozentpunkten Differenz kaum bemerkbar, geht man allerdings in die einzelnen Altersgruppen, so werden die Unterschiede deutlicher. Es sind vor allem die Jüngsten, also die 14-jährigen Mädchen, sowie die oberste Altersgruppe, die 17-Jährigen, die heute geringere Anteile an sexuell Erfahrenen aufweisen als 2005. Bei den 14-Jährigen beträgt der Rückgang 5 Punkte, bei den 17-Jährigen 7 Punkte.

((Geschlechtsverkehr-Erfahrungen - 4-Jahres-Trend Jungen))

Auch bei den Jungen deutscher Staatsangehörigkeit ist die Tendenz zu einem leichten Rückgang der Koituserfahrenen festzustellen. Im Schnitt macht sie ebenso wie bei den Mädchen 2 Prozentpunkte aus, resultiert jedoch anders als beim weiblichen Geschlecht nur aus den rückläufigen Anteilen der Jüngeren. Deutlich ist vor allem der Rückgang bei den 14-Jährigen (minus 6 Punkte), tendenziell vorhanden aber auch noch bei den 15-Jährigen (minus 3 Punkte), während die 17 Jahre alten Jungen 2009 in gleichem Umfang Erfahrungen vorweisen können wie 2005, nämlich zu zwei Dritteln.

Bei den Jungen mit Migrationshintergrund hat sich sehr viel mehr Bewegung ergeben. Die Zahl sexuell aktiver Jungen ist insgesamt deutlicher zurückgegangen (im Schnitt minus 7 Punkte) als bei den deutschen Jungen. Die höchste Abnahme ist in der Altersgruppe der 14-Jährigen zu verzeichnen, von 29 Prozent auf 10 Prozent, wobei der 2005 ermittelte außerordentlich hohe Wert vermutlich einen Ausreißer in den Daten darstellt. Dennoch liegt der Anteil der koituserfahrenen 14-Jährigen bei Jungen aus Migrantenfamilien auch 2009 noch höher als bei deutschen Jungen. Auch bei den 16-Jährigen (minus 14 Punkte) und den 17-Jährigen (minus 7 Punkte) sind die Anteile sexuell aktiver Jungen aus Migrantenfamilien rückläufig. Ein Teil des Rückgangs wird durch eine Verschiebung zu den 15-Jährigen hin aufgefangen, denn in dieser Altersstufe ist entgegen des sonstigen Trends eine Zunahme um 13 Punkte, von 12 Prozent auf 25 Prozent, erfolgt. Ob dies eher einem heute späteren Einstieg (statt mit 14 erst mit 15 Jahren) oder einem früheren aktiven Sexualleben (statt mit 16 nun mit 15 Jahren) geschuldet ist, kann aus den vorliegenden Daten nicht erschlossen werden.

30-Jahres-Trend – Langzeitvergleich für Jugendliche deutscher Staatsangehörigkeit

Der Langzeitvergleich von (deutschen) Mädchen und Jungen belegt, dass im Laufe der letzten 30 Jahre eine starke Annäherung zwischen beiden Geschlechtern in ihren sexuellen Aktivitäten stattgefunden hat. Lediglich in der Altersgruppe 16 Jahre klaffen die Verhaltensweisen noch in nennenswertem Umfang auseinander. In diesem Alter liegen die Anteile sexuell aktiver Jungen immer noch – nach einer kurzzeitig sich andeutenden Angleichung im Jahr 2001 – klar niedriger als bei den gleichaltrigen Mädchen.

Die allgemein festzustellende Zunahme an geschlechtsverkehrerfahrenen Jugendlichen im Laufe der letzten 30 Jahre ist jedoch nicht in allen Altersgruppen gleich verlaufen, und auch die beiden Geschlechter weisen zwar auf lange Sicht, aber nicht unbedingt zum selben Zeitpunkt die gleichen Entwicklungen auf. Die folgende Grafik stellt den Trend für die einzelnen Altersgruppen im Detail dar.

((Geschlechtsverkehr-Erfahrungen - Langzeit-Trend nach Altersgruppen))

Im Vergleich zu 1980 ist dabei sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen für die Altersgruppen 15, 16 und 17 Jahre ein Anstieg von Koituserfahrenen festzustellen, der Einstieg ins Geschlechtsleben erfolgt also von Mädchen wie Jungen heute früher als Anfang der achtziger Jahre. Seit der Jahrtausendwende scheint sich die Entwicklung zu steigenden Zahlen jedoch zu verlangsamen, ganz aktuell zum Teil sogar in eine rückläufige Tendenz zu verwandeln. Die Altersgruppe 14 Jahre folgt diesem Gesamttrend, ist vom (insgesamt sehr niedrigen) Niveau und vergleichsweise sehr viel verhalteneren Anstieg über die Jahre jedoch nur bedingt mit den übrigen Gruppen zu vergleichen. Den größten Sprung haben im Laufe der letzten 30 Jahre die 17-jährigen Jungen getan. Heute haben 65 Prozent von ihnen und damit genauso viele wie die Mädchen (66%) Geschlechtsverkehr-Erfahrung, 1980 stand ein Anteil von 38% bei den Jungen der sehr viel größeren Zahl von 56 Prozent bei den Mädchen gegenüber.

 

 

Das erste Mal

Abbildung 3

Das Alter, in dem ein erster Sexualverkehr stattfindet, wird naturgemäß stark durch das Befragungsalter bestimmt. Es macht daher Sinn, sich das Alter beim ersten Geschlechtsverkehr nur für die sexuell erfahrenen 17-Jährigen anzuschauen, da sich der Erfahrungshorizont bei den Jüngeren, die bereits sexuell aktiv sind, zwangsläufig nur auf einen wesentlich kürzeren Zeitraum beziehen kann. Und selbst wenn man sich auf die Altersgruppe der heute 17-Jährigen beschränkt, sollte man jederzeit präsent haben, dass auch in dieser Gruppe noch längst nicht alle Mädchen und Jungen sexuell aktiv sind, wie die Grafik verdeutlicht.

Von den 17-jährigen Mädchen und Jungen mit deutscher Staatsangehörigkeit hat sich jede(r) Dritte bisher noch nicht auf eine sexuelle Beziehung eingelassen. Mädchen aus Migrantenfamilien sind nochmals zurückhaltender, unter ihnen ist fast noch jede Zweite unerfahren, wohingegen Jungen mit Migrationshintergrund in diesem Alter insgesamt häufiger schon sexuell aktiv sind: Der Anteil derer, die im Alter von 17 Jahren noch keinen Geschlechtsverkehr hatten, ist bei ihnen mit 28 Prozent geringer als bei deutschen Jungen und Mädchen, und noch größer ist der Unterschied im Vergleich zu den Mädchen mit Migrationshintergrund.

Bereits in dieser Hinsicht bestehen also erhebliche Differenzen bei den vier Gruppen. Lässt man dies jedoch einmal außer Acht und vergleicht tatsächlich nur diejenigen 17-Jährigen, die bereits Sexualkontakt hatten, so sind auch hier nochmals Unterschiede festzustellen.

Eindeutig ist die Gruppe der Mädchen mit Migrationshintergrund nicht nur überhaupt die zurückhaltendste, sondern auch wenn die – hier 17-jährigen – Mädchen sexuelle Aktivitäten entwickelt haben, so haben sie dies im Vergleich mit ihren Altersgenossinnen deutscher Staatsangehörigkeit häufig später begonnen. Zwar sind in beiden Gruppen nur wenige Mädchen schon extrem früh, d.h. im Alter von 13 Jahren oder noch früher, sexuell aktiv (4%), und auch die Gegengruppen – diejenigen, die erst kürzlich, d.h. mit 17 Jahren erste Sexualkontakte aufnahmen – sind mit 13/12 Prozent ähnlich groß,aber dazwischen ist bei den Mädchen mit Migrationshintergrund eine deutliche Verschiebung zu einem höheren Alter auszumachen. Jedes zweite sexuell aktive Mädchen aus einer Migrantenfamilie war 16, als es zu einem ersten Sexualkontakt kam, während der Anteil unter deutschen Mädchen nur 39 Prozent beträgt (Jungengruppen 37/42%). Bei den deutschen Mädchen gibt es dagegen einen erhöhten Anteil insbesondere beim Alter von 14 Jahren (19%; übrige Gruppen 8% bis 14%).

Bei den sexuell aktiven 17-jährigen Jungen – egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund – ist auffällig, dass ein höherer Anteil als bei den Mädchen angibt, bereits sehr früh einen ersten Sexualkontakt eingegangen zu sein, d.h. mit 13 Jahren oder noch eher (11% resp. 8% im Vergleich zu 4% bei den Mädchen). Dafür beziehen sich die Jungen mit 14 Prozent resp. 8 Prozent im Vergleich zu den deutschen Mädchen seltener auf das Alter von 14 Jahren (19%) – würde man die Angaben "im Alter von 13 Jahren und früher" und "im Alter von 14 Jahren" zusammenfassen, so verringern sich die Differenzen. Die Verteilungen aller drei Gruppen sehen auch recht ähnlich aus, was die Altersangaben "mit 15 Jahren", "mit 16 Jahren" oder "mit 17 Jahren" angeht. Unterm Strich sind es die 17-jährigen Jungen mit Migrationshintergrund, die im Schnitt bei ihrem ersten Geschlechtsverkehr am jüngsten sind.

Im Detail

Vergleicht man Hauptschüler(innen), Realschüler(innen) und Gymnasiast(inn)en, so gehen Gymnasiast(inn)en im Schnitt am spätesten erstmals eine sexuelle Beziehung ein. Ein Zusammenhang besteht auch mit dem Verhältnis, das zum ersten Sexualpartner/zur ersten Sexualpartnerin besteht: Wer das erste Mal innerhalb einer festen Beziehung erlebt, ist ebenfalls im Schnitt älter als diejenigen, bei denen der/die erste Sexualpartner/in nicht gleichzeitig der feste Freund/die feste Freundin ist. Ob im Elternhaus ein offener Umgang mit dem Thema Sexualität besteht oder ob das Thema Verhütung besprochen wurde oder nicht, wirkt sich nicht darauf aus, in welchem Alter die ersten Sexualkontakte eingegangen werden.

 

 

Kontrazeptionsverhalten

Abbildung 4

Das Kondom ist auch 2009 bei Jungen wie Mädchen mit deutlichem Abstand vor allen anderen Alternativen das Verhütungsmittel Nummer eins. Unter Jugendlichen deutscher Nationalität ähnelt sich das Kontrazeptionsverhalten beider Geschlechter heutzutage sehr stark, was auf Jugendliche aus Migrantenfamilien nicht zutrifft.

((Verhütungsverhalten beim ersten Mal - Aktuell))

Erfreulich: Erstmals seit Beginn der Messungen im Jahr 1980 hat sich das Verhütungsverhalten der Jungen deutscher Nationalität, das bis dato immer schlechter war (Ausnahme: 1996), dem der Mädchen deutscher Nationalität angeglichen. Der Anteil derer, die beim ersten Mal nicht verhüten, liegt bei beiden Geschlechtern heute bei 8 Prozent. Nicht nur in diesem Punkt, auch insgesamt gleichen sich die Angaben der Jungen und Mädchen einander immer mehr an (Details siehe im Weiteren: Verhütungsverhalten im Trend).

Bedenklich hingegen: Vor allem Jungen mit Migrationshintergrund, aber auch Mädchen aus Migrantenfamilien zeigen ein schlechteres Verhütungsverhalten als Jugendliche deutscher Staatsangehörigkeit. Zum einen findet der erste Geschlechtsverkehr häufiger ohne Verhütung statt, zum anderen greifen sie häufiger zu den verschiedensten Mitteln (höherer Anteil an "sonstigen Verhütungsmitteln), darunter nicht selten auch zu unsicheren Alternativen wie Koitus Interruptus oder Knaus-Ogino.

4-Jahres-Trend Mädchen– Vergleich zur vorherigen Messung

Im Vergleichszeitraum von vier Jahren betrifft die zahlenmäßig größte Veränderung die zunehmende Bedeutung des Kondoms als Verhütungsmethode. Vor allem Mädchen mit Migrationshintergrund verhüten heute damit deutlich häufiger als noch vor vier Jahren (plus 12 Prozentpunkte), aber auch bei den deutschen Mädchen konnte die bereits 2005 hohe Zahl von 71 Prozent nochmals um 4 Prozentpunkte gesteigert werden. Im Ergebnis haben Mädchen mit Migrationshintergrund damit heute mit den deutschen Mädchen gleichgezogen.

Aber auch die Pille konnte in diesem Zeitraum zulegen. Dies trifft nicht nur auf Mädchen deutscher Staatsangehörigkeit zu (plus 4 Prozentpunkte von 2005 auf 2009), bei den Mädchen mit Migrationshintergrund vollzieht sich der gleiche Trend (plus 5 Prozentpunkte), nur auf insgesamt niedrigerem Niveau.

Der Anteil der beim ersten Mal nicht verhütenden jungen Mädchen ist gesunken. Bei den deutschen Mädchen kann man bei einer Veränderung von minus einem Prozentpunkt lediglich von einer Tendenz sprechen, bei den Mädchen mit Migrationshintergrund fällt der Rückgang jedoch deutlich aus: Von 19 auf 12 Prozentpunkte. Dennoch bleibt das Faktum bestehen, dass Mädchen mit Migrationshintergrund nach wie vor nicht ganz so häufig auf ausreichende Verhütung achten wie deutsche Mädchen.

4-Jahres-Trend Jungen– Vergleich zur vorherigen Messung

Bei den Jungen sind die Veränderungen insgesamt deutlicher als bei den Mädchen, und sie fallen bei den Jungen mit Migrationshintergrund wiederum stärker ins Auge als bei den Jungen eutscher Staatsangehörigkeit. Die sicherlich erfreulichste Veränderung betrifft den Anteil Nicht-Verhütender: Sowohl bei den Jungen aus Migrantenfamilien wie auch bei den deutschen Jungen hat sich der Anteil im Laufe der letzten vier Jahre nahezu halbiert: bei Ersteren von 34 Prozent auf 18 Prozent, bei Letzteren von 15 Prozent auf 8 Prozent. Zwar legen damit auch heute noch mehr als doppelt so viele Jungen mit Migrationshintergrund (18%) wie Jungen deutscher Staatsangehörigkeit (8%) ein mangelhaftes Verhütungsverhalten an den Tag, gemessen an der wesentlich schlechteren Ausgangssituation der Jungen mit Migrationshintergrund ist die Verbesserung bei ihnen dennoch gewaltig.

Zugenommen hat bei beiden Gruppen die Verwendung von Kondom und Pille. Bezüglich des Kondoms fällt die Zunahme in Prozentpunkten sehr ähnlich aus (Jungen mit Migrationshintergrund plus 9 Punkte, deutsche Jungen plus 10 Punkte). Anders die Entwicklung bei der Pille: Sie konnte verstärkt bei den Jungen mit Migrationshintergrund zulegen (ein Plus von 13 Prozentpunkten), bei den deutschen Jungen ist nur eine leichte Zunahme zu beobachten (plus 3 Punkte). Jungen mit Migrationshintergrund haben also hinsichtlich der Verwendung der Pille als Kontrazeptionsmethode in den letzten vier Jahren aufgeholt.

Im Ergebnis bleibt aufgrund des wesentlich niedrigeren Ausgangsniveaus der Jungen mit Migrationshintergrund dennoch die Differenz zwischen den beiden Gruppen bestehen: Bei Jungen deutscher Nationalität finden sowohl das Kondom als auch die Pille heute immer noch stärker Anwendung als bei Jungen mit Migrationshintergrund.

Quelle: BZgA Datensatz, "Jugendsexualität",  2010

Studie

Jugendsexualität 2010

Repräsentative Wiederholungsbefragung von 14- bis 17-Jährigen und ihren Eltern - Aktueller Schwerpunkt Migration

Im Frühjahr/Sommer 2009 wurde zum siebten Mal im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)…

Broschüre

Jugendsexualität 2010

Repräsentative Wiederholungsbefragung von 14- bis 17-Jährigen und ihren Eltern - aktueller Schwerpunkt Migration

Für die neue Studie wurden insgesamt 3.542 Jugendliche befragt, darunter 1.014 Mädchen und Jungen mit…
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